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Wer kennt sie nicht, die heilende Kamille. Doch mit der Verwendung von Tee oder Kamillenextrakt wird das Potential dieser altbekannten Heilpflanze viel zu wenig ausgenutzt. Durch zu häufiges Trinken von Kamillentee kann es sogar zu einer eigentlichen «Abwehrreaktion» kommen, dabei treten genau die Symptome auf, die  durch die homöopathische Kamillen-Zubereitung geheilt werden können (Reizbarkeit, Nervosität, Krämpfe, Durchfall). Chamomilla ist oft bei reizbaren, nervösen Frauen und Kindern angezeigt.

  • Illustration Chamomilla
  • Wiese voller Kamillenblüten

Steckbrief von Chamomilla

Beschreibung: Die stark aromatische Pflanze wird 15 bis 50 cm hoch und besitzt einen kahlen, aufrechten und locker verzweigten Stängel. Die wechselständigen Blätter sind 2- bis 3-fach fiederschnittig mit fast fadenförmigen, kaum 0,5 mm breiten Zipfeln. Die Blütenköpfchen haben einen Durchmesser von 1,5 bis 2,5 cm, die Zungenblüten sind weiss, am Morgen zurückgeschlagen, die Röhrenblüten gelb. Der Blütenboden ist kegelförmig und innen hohl. Die Früchte sind 1 bis 1,5 mm lang, kahl und ohne eigentlichen Pappus.

Blütezeit: Mai bis September

Verbreitung: Die Kamille war ursprünglich vermutlich eine ostmediterrane Pflanze, die heute aber weltweit verschleppt und verbreitet ist. In der Schweiz kommt sie von den Tieflagen bis in die subalpine Stufe ziemlich häufig vor. Die Pflanze wird grossflächig angebaut, grösster Produzent mit ca. 8'000 ha ist Argentinien, weitere Anbauflächen findet man in Ägypten, Spanien, in einigen osteuropäischen Ländern sowie in Deutschland in Thüringen.

Standort: Die Kamille ist ein Vertreter der Ackerbegleitflora, vorwiegend im Wintergetreide. Sie gedeiht gesellig neben Getreideäckern auch in Gemüsefeldern, Beerenkulturen und in Baumschulen auf mässig frischen, nährstoffreichen und humosen, aber kalkarmen Böden. Sie liebt ebenfalls lockere, lehmige bis sandige  Böden, deshalb tritt sie auch als Ruderalpflanze (Erstbesiedler) auf Erdschutt, bei Baustellen und an Strassenrändern auf. Sie ist auch in Saatmischungen für Buntbrachen vertreten.

Besonderheiten: Die Kamille ist die Heilpflanze der Volksmedizin schlechthin, wo sie als Allheilmittel eingesetzt wird. Die Teezubereitung ist die häufigste Anwendungsform, daneben sind auch Waschlösungen, Bäder und Dampfbäder sowie Alkoholauszüge gebräuchlich. Kamillentee wird bei krampfhaften Magen- und  Darmstörungen wie Gastritis und Enteritis eingesetzt. Mundspülungen und äusserlich angewendete Kompressen bei schlecht heilenden Wunden sind ebenso üblich wie Bäder bei Abszessen, Furunkeln und für Säuglinge. Viele dieser Anwendungen konnten medizinisch bestätigt werden, zudem sind unerwünschte  Nebenwirkungen kaum relevant.

verwendeter Teil: ganze, frische, blühende Pflanze

wichtige Verwandte: Arnica, Artemisia abrotanum und A. cina, Bellis, Calendula, Cineraria maritima, Echinacea, Eupatorium, Taraxacum

Wirkung und Anwendung von Chamomilla in der Homöopathie

Egal, ob es sich um Zahnungsbeschwerden, Mittelohrentzündung, Säuglingskrämpfe oder Menstruationskrämpfe handelt, ausgewählt wird das Heilmittel hauptsächlich aufgrund des reizbaren, übellaunigen Gemütszustandes. ‹Chamomilla-Menschen› sind ausserordentlich schmerzempfindlich: sie jammern und werden richtig zornig, so dass sie manchmal am liebsten etwas kaputtschlagen möchten. Sie wollen weder angesehen noch angesprochen werden und reagieren hysterisch und unhöflich.

‹Chamomilla-Kinder› können die Schmerzen beim Zahnen nicht ertragen, deshalb werden sie selber zu unerträglichen Nervensägen. Sie plärren und  heulen pausenlos. Einzig, wenn sie herumgetragen oder geschaukelt werden, beruhigen sie sich ein wenig. Aber kaum werden sie in die Wiege zurückgelegt, geht das Schreien von neuem los. ‹Chamomilla-Kinder› wissen nicht, was sie wollen: sie verlangen ein Spielzeug, kaum haben sie es erhalten, fliegt es in eine Ecke. Gut, wenn in einer solchen Situation die verzweifelten Eltern merken, dass ihr Kind Chamomilla benötigt.

Durst und ein feucht-warmer Kopf mit einer leuchtend roten Wange bestätigen die Mittelwahl. Durchfall während des Zahnens ist ebenfalls ein sehr typisches Chamomilla-Zeichen. Besonders, wenn der Stuhl nach faulen Eiern riecht, wund macht und wie Rührei mit Spinat aussieht. Wichtig: Ein gereiztes Kind mit Verstopfung oder ein friedliches, ruhiges Kind mit Durchfall wird durch Chamomilla keine Hilfe erfahren.

Chamomilla kann Ohrenschmerzen, Fieber während des Zahnens, Säuglingskrämpfe, Husten und Bronchitis heilen, wenn der beschriebene Gemütszustand vorhanden ist.

‹Chamomilla-Menschen› sind warmblütig, ähnlich wie ‹Sulfur› strecken sie nachts ihre heissen Füsse aus dem Bett. Bei Schmerzen oder Fieber tritt warmer Kopfschweiss (nasse Haare) hervor. Allerdings sind sie sehr empfindlich auf Kälte und Zugluft (vielleicht haben sie deshalb manchmal sogar Angst vor Wind).

Chamomilla ist eines der wichtigsten Heilmittel bei Beschwerden nach Ärger und Zorn (vgl. Aconitum, Bryonia, Colocynthis, Ignatia, Lycopodium, Nux vomica, Staphisagria). Nach einem Zornesausbruch können Kopfschmerzen, Hustenanfälle, Magenschmerzen oder Koliken auftreten. Manchmal überträgt die stillende Mutter die Beschwerden auf ihren Säugling, so dass die Kleinen nach einem Wutausbruch der Mutter Krämpfe entwickeln. Chamomilla ist sehr nützlich bei Periodenkrämpfen oder in der Geburtshilfe, wenn die Gebärende die Schmerzen nicht aushalten kann, der Muttermund verhärtet ist oder bei unerträglichen Nachwehen. Die Mittelwahl erfolgt auch hier aufgrund der Gemütslage: die Patientinnen sind aufs Höchste gereizt und lassen ihre Wut hemmungslos an ihrem Umfeld aus.

Beschwerden nach dem Konsum von Kaffee, der Einnahme von Beruhigungsmitteln oder nach einer Narkose können oft mit Chamomilla kuriert werden.

Um bei ‹Chamomilla-Kindern› einen dauerhaften Heilerfolg zu erreichen, benötigt man manchmal als Ergänzung (Komplementärmittel) Magnesium carbonicum. ‹Magnesium-carbonicum-Kinder› sind ebenfalls «sauer» (Laune, Absonderungen), haben Schwierigkeiten beim Zahnen, leiden unter Koliken und Hautausschlägen.

Das Arzneimittelbild von Chamomilla

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, vegetatives Nervensystem, periphere Nerven, Bronchien, Magen, Gebärmutter

Passt besonders zu:

  • nervösen, überempfindlichen, ungeduldigen, ärgerlich-gereizten, frechen Menschen (besonders Kinder)

Hauptindikationen:

Besonders wichtig für die Mittelwahl Folgen von Ärger.

Symptome:

Heftiger Charakter, ungeduldig, ruhelos, boshaft, verlangt Dinge und wirft sie weg, nachdem er sie erhalten hat. Lässt Silben aus beim Schreiben, benutzt entgegengesetzte Worte (z.B. heiss statt kalt) / Schreit hemmungslos. Nur ruhig, wenn ständig getragen und gestreichelt / Stechende Ohrenschmerzen, sehr heftig, anfallsweise. Nervenschmerzen (Gesicht, Kopf) mit Taubheitsgefühl. Eine Wange rot und heiss, die andere bleich und kalt / Atemnot bei Zornausbrüchen. Asthma bei Kindern mit Hautausschlägen / Säuglingskrämpfe,Drei-Monatskrämpfe (Modalitäten beachten!) / Durchfall, Stuhl schleimig-grünlich oder wie zerhacktes Ei und übelriechend (wie faule Eier) / Zur Geburtshilfe, wenn der Muttermund sich nicht öffnen will (nur angezeigt, wenn die Mutter unruhig, schmerzempfindlich, fast hysterisch reagiert) / Kolikartige Periodenschmerzen mit dunkler, klumpiger Blutung. Zu starke verkrampfte Geburtswehen. Allgemeines: Sehr schmerzempfindlich. Schmerzen Anfallsweise, schlagartig, heftig.

Modalitäten:

Schlimmer abends und nachts, durch Berührung, im Freien (Wind), durch Wärme und durch Ärger. Besser durch umhertragen. Blähungskoliken werden durch Wärme gebessert.

Bemerkung:

Ruhige Kinder mit Durchfall oder nervöse Kinder mit Verstopfung sind „nie" Chamomilla-Kinder!

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, dem Arzt und als erste Hilfe.