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Ignatia gehört zur gleichen Familie (Loganiaceae) wie Nux vomica und enthält ähnliche Inhaltsstoffe. Trotzdem fällt es in der Homöopathie nicht schwer, die beiden zu unterscheiden. Gemeinsam haben sie die grosse Reizbarkeit, die morgendliche Verschlimmerung und die empfindlichen Nerven, sonst zeigen sie aber ein völlig unterschiedliches Arzneimittelbild.

  • Illustration Ignatia
  • Ignatiusbohne, Bittere Fiebernuss | © Adobe Stock

Steckbrief von Ignatia

Beschreibung: Der rankende Kletterstrauch wird bis zu 20 m hoch und bildet einen bis 10 cm dicken Stamm aus. Seltener wächst die Pflanze als Strauch oder kleiner Baum. Die breiteiförmigen oder elliptischen Blätter werden bis 25 cm lang und sind gegenständig angeordnet. Die fünfzähligen, grünlichen und weissbehaarten Blüten sind zu 10 bis 20 in dichten, blattachselständigen Blütenständen angeordnet. Die Früchte sind goldgelbe, bis 13 cm breite kugelige Beeren mit bis zu 40 Samen im Fruchtfleisch. Blütezeit: Januar bis September

Verbreitung: In Südostasien ist sie in Thailand, Vietnam, Südchina, Malaysia, Insel Borneo, Indonesien (Sumatra, Java), Südost-Philippinen verbreitet.

Standort: Die Liane besiedelt häufig so genannte dipterocarpe Regenwälder, das sind Tieflandwälder mit einem grossen Anteil an Bäumen aus der Familie der Dipterocarpaceae, die in Südostasien einen Verbreitungsschwerpunkt besitzen. Die Bäume aus dieser Familie gehören zu den mächtigsten überhaupt, sie sind durch die Holzindustrie dieser Länder stark gefährdet. Die Liane liebt sandige Böden und ist auch entlang von Flussläufen zu finden. Vom Tiefland steigt sie bis in Höhen von 1'500 m ü. d. M.

Besonderheiten: Bei den Hauptinhaltstoffen, welche für die Giftigkeit der Pflanze verantwortlich sind, handelt es sich um Alkaloide, die je nach geographischer Herkunft in der Zusammensetzung stark variieren. Die wichtigsten Alkaloide sind Strychnin und Brucin. Die Toxizität der Pflanze ist ähnlich wie jene von Strychnos nux-vomica. Auf der Malaiischen Halbinsel wird die Wurzel als Pfeil- und Fischgift verwendet. Das ebenfalls verwandte Curare ist ein aus verschiedenen Strychnos- und Chondrodendron-Arten gewonnener Extrakt, der in Südamerika als Pfeilgift verwendet wird.

verwendeter Teil: getrocknete, reife Samen

wichtige Verwandte: Curare, Nux vomica, Gelsemium, Spigelia

Wirkung und Anwendung von Ignatia in der Homöopathie

Ignatia ist ein wunderbares Heilmittel bei Beschwerden durch Kummer. Es hilft uns, Schicksalsschläge, beispielsweise den Verlust eines geliebten Menschen, besser zu verkraften. In solchen Situationen muss man sich öfters zwischen Ignatia und Natrium muriaticum entscheiden. Ist der Kummer frisch, kommt eher Ignatia zum Einsatz, trotzdem darf man Ignatia bei lange zurückliegendem Kummer nicht ausschliessen. Entscheidend sind, wie immer in der Homöopathie, die Symptome, Zeichen und Modalitäten, die uns unsere Patienten liefern.

Eine schwere Prüfung im Leben eines Menschen eröffnet oft einen tiefen Einblick in sein inneres Wesen. In solchen Situationen fällt häufig die Maske, jeder Mensch reagiert auf seine ganz persönliche Art und Weise. Bei ‹Ignatia-Menschen› beobachtet man zwei Möglichkeiten: entweder Rückzug mit stillem Kummer oder hysterisches Hinausschreien des Kummers. Bei der stillen Variante neigen wir dazu, Natrium muriaticum zu verordnen. Häufiges Seufzen oder Gähnen sollte uns allerdings sofort an Ignatia denken lassen. Bei der lauten Reaktionsweise mit hysterischem Weinen und Schluchzen oder wenn Krämpfe auftreten, liegt Ignatia auf der Hand. Manchmal treten die beiden Reaktionsweisen auch in jähem Wechsel auf. Das wäre ebenfalls eine Bestätigung für Ignatia, denn Widersprüchlichkeit und Wechselhaftigkeit sind zwei Hauptmerkmale dieses Heilmittels. Eines ist gewiss: ‹Ignatia-Menschen› sind empfindliche Menschen und werden durch Liebeskummer, Liebesenttäuschung (Scheidung, Todesfall), schlechte Nachrichten (Schreck), Heimweh, Eifersucht und Beleidigungen besonders angegriffen.

‹Ignatia-Menschen› haben unrealistisch hohe Ziele (Ignatia ist eine Kletterpflanze und rankt sich die höchsten Bäume hoch) und programmieren damit ihren Absturz bereits zum Voraus. Auf der Suche nach dem Ideal in der Liebe, im Beruf oder bereits in der Schule werden sie enttäuscht und stürzen ab. Eine Liane ist nicht «eigenständig», deshalb umklammert sie einen starken Baum.

‹Ignatia-Menschen› umschlingen in romantischer Liebe krampfhaft ihren Partner und begeben sich in eine krankhafte Abhängigkeit. Befreit sich der Partner aus der Umschlingung, bricht die ‹Ignatia-Frau› zusammen. Ignatia gelangt bei Frauen etwa 10 bis 15 Mal häufiger zum Einsatz als bei Männern. Selbstverständlich hilft Ignatia bei entsprechenden Symptomen auch Männern, obwohl sie keine Gebärmutter (Hysterus) besitzen und im wahrsten Sinne des Wortes nicht hysterisch reagieren können.

Ignatia wird als «hysterisches Mittel» bezeichnet, weil es viele widersprüchliche Symptome aufweist. Hier ein paar Beispiele: Kopfschmerzen bessern durch Bücken, obwohl der Kopf sich heiss anfühlt, bessern heisse Anwendungen; Halsschmerzen bessern durch Schlucken von festen Speisen; Zahnschmerzen bessern durch Kauen; bei einer Magenverstimmung werden schwere Speisen besser ertragen als Schonkost, Übelkeit bessert durch Essen; Besserung durch Liegen auf der schmerzhaften Seite.

Solche Widersprüche sind typisch für Ignatia. Finden wir dazu noch einen entsprechenden Auslöser, fällt die Mittelwahl nicht schwer. Ein kleiner Widerspruch ist auch in unserer Zeichnung eingebaut: Obwohl viele ‹Ignatia-Menschen› mit Obst «nichts am Hut haben» (zeigt sich laut Vithoulkas bei ca. 40% der ‹Ignatia-Patienten› eine Abneigung gegen alle Arten von Obst), schmückt Obst den überspannten Hut unserer ‹Ignatia-Dame›. Das Bild soll uns zudem daran erinnern, dass Ignatia besonders zu extravaganten, gewissenhaften, künstlerischen Frauen passt.

Der Kopf, Hals und die Verdauungsorgane sind die Hauptschauplätze von «Ignatia-Symptomen». Charakteristische Beispiele sind Kopfschmerzen, als ob ein Nagel in die Schläfe eingeschlagen wird. Wie bei Gelsemium, das der gleichen Familie angehört, bessern Kopfschmerzen durch reichlichen Harnabgang. Schweiss, hauptsächlich im Gesicht. Beisst sich beim Kauen oder Sprechen in die Wange oder auf die Zunge. Gefühl eines Fremdkörpers im Hals (Globus hystericus), das durch Schlucken verschwindet. Anfälle von Schluckauf. Hustenreiz, der durch Husten immer schlimmer wird. Magenkrämpfe, Verstopfung (schlimmer durch Autofahren), Krämpfe im Rektum, Hämorrhoiden (besser durch Gehen). Aus bleiben der Regel durch Kummer.

Ignatia kommt, wie Natrium muriaticum, in die engere Wahl, wenn durch Kummer Schlaf- oder Essstörungen (Bulimie) auftreten. ‹Ignatia-Menschen› träumen von Wasser, was als Hinweis auf ihre emotionalen Schwierigkeiten gedeutet werden kann. Als Folge von emotionalem Stress können auch Krämpfe, Ohnmacht, zittern, Zuckungen oder Tics auftreten. Wenn Kinder durch Schreck oder Bestrafung ausser sich geraten und schreien, bis sie in Ohnmacht fallen (Affektkrampf), kann dieses «Theater» meistens mit einer einzigen Gabe Ignatia ein für alle Mal beendet werden.

Wie ‹Nux vomica› reagiert ‹Ignatia› empfindlich auf Reizmittel (Kaffee, Tabak, Alkohol), starke Gerüche, Geräusche und Licht. Bei beiden Heilmitteln kann Kaffee sowohl eine Verschlimmerung wie auch eine Besserung hervorrufen. Auch die morgendliche Verschlimmerung haben die beiden Heilmittel gemeinsam. Trotzdem soll Ignatia am besten morgens eingenommen werden (bei all den Widersprüchen lassen wir auch diese Anweisung gelten).

Das Arzneimittelbild von Ignatia

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf

  • Zentralnervensystem, vegetatives Nervensystem, Magen-Darmkanal, weibliche Genitalien, Bronchien.

Passt besonders

  • zu dunkelhaarigen Frauen und Kindern sowie zu nervenschwachen, gewissenhaften, eifersüchtigen, grossen Stimmungsschwankungen unterworfenen Menschen.

Hauptindikationen:

Traurigkeit, Nervenschwäche, Depression, Heimweh, Schlaflosigkeit, Migräne, Krämpfe, Magengeschwüre, Hämorrhoiden, Periodenbeschwerden, Frigidität.

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von Kummer (Tod eines Kindes, einer geliebten Person), Schreck, Enttäuschung und Beleidigung.

Symptome

Traurig, stets seufzend, leicht beleidigt / Frisst Kummer in sich hinein, sieht alles schwarz. Häufiges Auffahren / Migräne, als würde ein Nagel in die Schläfe geschlagen / Muskelzucken im Gesicht, der Lippen / Klossgefühl (Fremdkörpergefühl, Würgen) im Hals, Weinkrämpfe / Afterkrampf nach dem Stuhlen. Hämorrhoidenschmerzen durch Gehen / Menstruationsstörung mit schwar- zem Blut und Abwärtsdrängen im Unterleib. Ausbleibende Menstruation bei Kummer / Krampf der Kinder bei Zurechtweisung oder durch Schreck. Extremitätenkrämpfe nach Kummer und Schreck.

Allgemeines

Die meisten Beschwerden sind auf Kummer und Schreck zurückzuführen. Symptome sind oft widersprüchlich (z. B. Kopfweh besser durch Bücken, Heisshunger bei Kummer, Magenschmerzen besser durch Essen usw.) / Abneigung gegen Obst und Gemüse.

Modalitäten

Schlimmer durch Trost, Berührung. Trockene, kalte Winde (oft der kleinste Luftzug), Genuss von Tabak, Kaffee, Süssigkeiten.

Besser durch Ablenkung, Wärme und feuchtwarmes Wetter.