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Hahnemann entdeckte, dass die Stephanskörner unendlich viel mehr können, als Läuse abtöten. Homöopathisch ausgewählt (dem Ähnlichkeitsprinzip gemäss) und potenziert, wird das starke Gift der Stephanskörner zu einem kraftvollen Heilmittel.

  • Illustration Staphisagria
  • Stephanskraut, Läusesamen | © iStock

Steckbrief von Staphisagria

Beschreibung: Die 30 bis 100 cm hohe Ritterspornart ist kräftig, wenig verzweigt und weich behaart. Die gestielten Blätter sind 5- bis 7-teilig, die Abschnitte einfach lanzettlich oder 3-teilig. Die blassblauen oder dunkelblauen Blüten besitzen einen 2 bis 4 mm langen  Sporn. Die gelbbraunen, aufgeblasenen Balgfrüchte enthalten wenige, bis 7 mm lange, vielgestaltige und harte Samen.

Blütezeit: Mai bis August

Verbreitung: Ganzer Mittelmeerraum mit Nordafrika, ursprünglich vermutlich in Italien und Griechenland.

Standort: Delphinium staphisagria ist eine Pflanzenart der Garigue. Dies ist jener weitverbreitete Vegetationstyp des Mittelmeerraumes, der durch Schlagen der aufkommenden Bäume sowie regelmässiges Abbrennen und Beweiden zustande kommt. Kennzeichnend sind kleine, oft nicht über 0,5 m hohe Sträucher und Zwergsträucher wie die bekannten Arten Cistus, Rosmarin, Lavendel oder Thymian. Die Garigue ist im Frühjahr ein üppiges Blütenmeer, während sie im Sommer stark ausbrennt und vertrocknet wirkt. Daneben findet man  die Pflanze auch an Feldrändern und an Ruderalstandorten (vom Menschen dauernd beeinflusst). Sie kommt in Höhen zwischen 0 und 1'200 m ü. d. M. vor. Besonderheiten: Die Samen dieser Pflanze, die Stephanskörner, sind sehr stark giftig. Für die Giftigkeit ist das  Hauptalkaloid Delphinin verantwortlich, dessen Wirkung demjenigen von Aconitin aus Aconitum napellus ähnelt. Delphinin lähmt ebenfalls die Herzmuskulatur, wobei die Wirkung auf die Nervatur ungleich stärker ist als bei Aconitin. Hingegen kommt es nicht zu einem Kreislaufkollaps, da Delphinin nicht auf das Vasomotorenzentrum wirkt. Die ebenfalls beobachtete Atemnot kommt durch weitere Alkaloide zustande. Äusserlich verursachen Stephanskörner starke Hautentzündungen.

verwendeter Teil: getrocknete, gepulverte, reife Samen

wichtige Verwandte: Aconitum, Cimicifuga, Clematis, Helleborus, Hydrastis, Pulsatilla, Ranunculus

Wirkung und Anwendung von Staphisagria in der Homöopathie

Im Mittelpunkt des Arzneimittelbildes stehen die Entrüstung (ohne Rüstung, schutzlos ausgeliefert, kann sich nicht wehren), die verletzte Ehre und das Thema Sexualität. ‹Staphisagria-Menschen› gehören zu den liebsten und duldsamsten Menschen überhaupt. Sie sind freundlich, hilfsbereit, und oft sucht man vergeblich nach Aggressionen. Sie haben ein ausgeprägtes Gefühl für Würde sowie Ehre und erwarten von ihren Mitmenschen die gleiche Fairness (Staphisagria ist eine Ritterspornart, deshalb sind Begriffe wie Ritterlichkeit, Ehre, Würde besonders passend). Enttäuschungen lassen nicht lange auf sich warten, und die Staphisagria-Ritter stehen entrüstet da. Sprachlos, zitternd von Kopf bis Fuss, beherrschen sie sich, schlucken ihren Ärger runter und leiden still darunter (man kann bei ‹Staphisagria-Menschen› manchmal beobachten, dass sie beim Reden dauernd schlucken). Dieser runtergeschluckte Ärger somatisiert sich manchmal in Form von Koliken. Bei Koliken sollte man übrigens immer auch an das komplementäre Heilmittel Colocynthis denken. Redewendungen wie «Ich habe eine solche Wut im Bauch» oder «Am liebsten möchte ich aus der Haut fahren» sowie «Ich schneide mir ins eigene Fleisch» passen sehr gut zum Konzept von Staphisagria. Die widerlich nach faulen Eiern stinkenden Absonderungen zeigen, dass im Inneren «etwas faul» ist.

‹Staphisagria-Menschen› können nach Ärger oder Beleidigungen nicht mehr schlafen und sind tagsüber müde. Ein Mittagsschlaf ist für sie allerdings keine gute Idee, weil sie sich danach noch schlechter fühlen. Der Körper kann die maskierte Wut auch in Form von Hautausschlägen an den Tag bringen (die ehrliche Haut). Staphisagria ist eines der wichtigsten Heilmittel bei Psoriasis: Typisch sind dicke Schorfe, besonders am Haarrand des Hinterkopfes, um die Ohren und auf den Augenlidern. Die Hautausschläge jucken heftig, wobei durch Kratzen an einer Stelle Erleichterung eintritt, der Juckreiz danach aber an einer anderen Stelle zurückkehrt. Oft erscheinen Hagelkörner, Zystchen am Lidrand oder Gerstenkörner, die als «wütende Augen» interpretiert werden können oder als Bestätigung, wie sehr das beleidigende Verhalten ihrer Mitmenschen den ‹Staphisagria-Menschen› ein «Dorn im Auge» ist.

Die Verordnung von Staphisagria erfolgt vor allem aufgrund einer seelischen Ursache (Causa) und selten wegen körperlicher Symptome. «Einschneidende» Erlebnisse, Kränkungen, sexueller Missbrauch, Kummer, Ehrverletzung und nicht gebührende Würdigung stehen meistens am Anfang einer Staphisagria-Leidensgeschichte.

Staphisagria heilt seelische Verletzungen genau so zuverlässig wie Schnittwunden. Es ist das Hauptmittel für den «glatten Schnitt» (Skalpell, Messer, Glas, Papier) und gilt als hervorragende Hilfe zur Begleitung von Operationen, insbesondere bei Eingriffen im Urogenitalbereich. Wird dieses Heilmittel verabreicht, heilt die Operationswunde schneller, und Komplikationen wie Harnverhaltung, heftiges Erbrechen oder Koliken kommen gar nicht erst auf. Auch bei Beschwerden nach Blasen- und Nierensteinoperationen oder nach Katheterisierung ist Staphisagira eine grosse Hilfe.

Interessant ist, dass ‹Staphisagria-Menschen› besonders gerne von Läusen oder anderen blutsaugenden Insekten besucht werden (als ob sie wüssten, dass diese Menschen ihnen nichts zu Leide tun). Auf der Staphisagria-Haut kann man auch Warzen und Feigwarzen antreffen, die man als Hinweise auf das überbordende Sexualleben deuten kann. Sexualität ist für ‹Staphisagria-Menschen› ein Dauerthema. Ständig werden sie von sexuellen Gedanken belagert. Das Erzählen zweideutiger Witze entspannt sie, sie verstossen damit zwar gegen die von ihnen ansonsten hochgehaltenen guten Sitten, aber sie geniessen es, mit ihrem Lieblingsthema im Mittelpunkt zu stehen und anderen eine Freude zu bereiten. Nebst diesen verbalen Ergüssen helfen sie sich mit häufigem Onanieren. Die Sexualität scheint ein Ventil für die im Inneren von ‹Staphisagria-Menschen› brodelnde Entrüstung (ärgerlich, aufgebracht durch die ihnen widerfahrenen Gemeinheiten und Unwürdigkeiten). Fällt dieses Ventil aus, «fliegen die Fetzen». Plötzlich, wenn es niemand erwartet (schon gar nicht von so einem lieben Menschen), kann eine Kleinigkeit zu einem Wutausbruch führen. Dabei rastet er völlig aus und schmeisst den nächstgreifbaren Gegenstand in die Richtung des ihn ärgernden Menschen.

‹Staphisagria-Menschen› reagieren seelisch und körperlich extrem empfindlich (alles schneidet ein). Sie sind überempfindlich gegen Berührung (Haut, Genitalien, Warzen, Hämorrhoiden), Lärm, Geschmack und Gerüche. Es ist logisch, dass der im Arzneimittelbild von Staphisagria viel diskutierte Urogenitalbereich auch störanfällig ist. Blasen- und Prostataerkrankungen stehen im Vordergrund: Blasenentzündungen oder Blasenreizungen nach Geschlechtsverkehr mit andauerndem Harndrang (sitzt stundenlang auf der Toilette). Gefühl, als ob die Blase noch nicht richtig entleert sei, als fliesse ständig ein Urintropfen durch die Harnröhre. Brennen beim Wasserlassen, welches paradoxerweise während des Urinierens verschwindet.

Staphisagria ist ein Heilmittel für die unterdrückte «Haussklavin», die (besonders bei Ärger) wie ein Schlot Zigaretten raucht.

Ausgeprägte Neigung zu Zahnkaries kann ebenfalls ein Hinweis auf Staphisagria sein. ‹Staphisagria-Menschen› zeigen ihre Zähne zu wenig, sie sind kaum aggressiv und können sich nicht durchbeissen. Oft ist die rechte Körperseite stärker betroffen (sie sind unfähig, sich Recht zu verschaffen, der schwertführende Arm erhebt sich nicht).

Das Arzneimittelbild von Staphisagria

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, vegetatives Nervensystem, Haut, Geschlechtsorgane, Magen-Darmkanal.

Passt besonders zu:

  • gutmütigen, netten, gereizten, launischen, menschenscheuen, leicht beleidigten Menschen. Zu Menschen, die sich ständig mit sexuellen Dingen beschäftigen (erzählen zweideutige Witze).

Hauptindikationen:

  • Höhenangst
  • Nervenschwäche
  • Sexuelle Überreizung, Blutniederdruck, Verstopfung, Gerstenkörner, Menstruationsbeschwerden, Prostataleiden, Gicht, zur Behandlung von Schnittwunden, Psoriasis

Besonders wichtig für die Mittelwahl

  • Folgen von unterdrückten Gefühlen (Ärger, Zorn), Beleidigungen, sexuellen Exzessen, Operationen (Schnittwunden)
  • Quecksilbervergiftung

Symptome:

  • Schon morgens beim Erwachen gereizt, elend und müde
  • Sehr empfindlich auf das, was andere über ihn denken oder sprechen
  • Leicht beleidigt dabei Neigung zu heftigen Wutausbrüchen (wirft Gegenstände nach Leuten, die ihn/sie ärgern)
  • Unterdrückt oft Ihre/seine Gefühle
  • Sexualität dient als Ventil
  • Genügt sie nicht mehr, so «fliegen die Fetzen»
  • Neigung zu übermässiger Onanie mit nachfolgender Atemnot, Schwäche und Reizbarkeit
  • Nervenschwäche mit Reizbarkeit / Kopfschmerz besonders über der Nasenwurzel nach Ärger, Kummer / Gerstenkörner mit häufigen Rückfällen / Reizblase mit Harndrang bei jungen Frauen, Gefühl von dauerndem Tröpfeln in der Harnröhre /Berührungsempfindliche Hautwarzen / Juckende, nässende, krustenbildende Hautausschläge (Schuppenflechte)

Allgemeines:

Das Chirurgenmittel „für den glatten Schnitt“ (sehr empfehlenswert bei schmerzhaften Schnittwunden, vor und nach Operationen, zahnärztlichen Eingriffen einnehmen) / Abneigung gegen Milch / Starkes Verlangen nach Alkohol, Tabak.

Modalitäten:

Schlimmer durch Berührung (kranke Stellen), Ärger, Kummer, Beleidigung («alles schneidet ein»). Nach dem Mittagsschlaf, beim Zähneputzen, Rauchen. Onanie, sexuelle Exzesse.

Besser durch Zusammenbeissen der Zähne.