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Manche Heilmittel lassen sich gut einem der vier Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde) zuordnen. So kann man sie sich besser einprägen, zudem hilft diese Einteilung auch bei der Mittelwahl (ein «erdiges» Heilmittel passt zu einem «erdigen» Menschen). Das prägende Element für die Bryoniawurzel ist die Erde. Nicht nur weil sie darin wächst, sondern weil das ganze Wesen dieses Heilmittels «erdig» ist: trocken (in jeder Beziehung), hart, festgefahren, die geringste Bewegung verschlimmert, stechende Schmerzen, Steingefühl, bitterer Mundgeschmack, materialistische Einstellung, konservative Haltung, wenig Emotionen (das Element Wasser fehlt, das erklärt auch den grossen Durst), streben nach Sicherheit, Stabilität und Zuverlässigkeit.

  • Illustration Bryonia
  • Weisse Zaunrübe / rote Zaunrübe | © Adobe Stock

Steckbrief von Bryonia

Beschreibung: Zaunrüben sind ausdauernde Kletterpflanzen mit rübenartig verdickten Wurzeln, die bei den beiden genannten Arten bis 2,5 kg schwer werden können. Sie sind etwas wulstig geringelt und nach unten verästelt. Der bei diesen Arten 2 bis 4 m lange, rauhhaarige Stängel besitzt korkenzieherartig gewundene Ranken. Die Pflanzen sind einhäusig (Bryonia alba) oder zweihäusig (Bryonia cretica), die männlichen Blüten in lang gestielten und die weiblichen Blüten in kurz gestielten Blütenständen. Bryonia alba unterscheidet sich von Bryonia cretica durch stets scharf gezähnte Blätter, durch gleich lange Kelchzähne wie die Kronblätter und durch die schwarzen, nicht roten Früchte. Blütezeit: Juni bis Juli (September)

Verbreitung: Bryonia alba ist als osteuropäische Pflanze von Südskandinavien über Mitteldeutschland, das Wallis und die Südalpen nach Osten hin bis in den Iran und Mittelrussland verbreitet. In der Schweiz kommt diese Art nur im Wallis zwischen Martigny und Visp sowie im Rheintal bei Chur, Ilanz und im Domleschg vor. Bryonia cretica schliesst westlich an das Ver- breitungsgebiet von Bryonia alba an. Sie ist von England über Nordeutschland zu den Alpen bis nach Nordwestafrika, aber auch im ehemaligen Jugoslawien und in Ungarn verbreitet. In der Schweiz ist sie im Jura und im Unterwallis sowie im Südtessin verbreitet, aber nicht häufig. Beide Arten werden auch kultiviert.

Standort: Die ökologischen Ansprüche beider Arten sind etwa gleich, wobei Bryonia alba nur an sehr warmen Orten gedeiht. Sie sind auf lockeren und nährstoffreichen Böden an warmen Lagen an Waldrändern, Hecken, Zäunen, Mauern und auf Schuttplätzen zu finden. Sie wachsen gerne auch in der Nähe von Weingärten und in Siedlungsgebieten.

Besonderheiten: Von Bryonia cretica sind drei Unterarten ssp. acuta, ssp. cretica und ssp. dioica bekannt. Sie haben je unterschiedliche Blattscheckungen und mehr oder weniger drüsige und haarige männliche Blüten. In der Schweiz kommt nur die Unterart dioica vor, die hier als eigene Art Bryonia dioica beschrieben wird.

verwendeter Teil: frische Wurzel, vor der Blütezeit geerntet

wichtige Verwandte: Citrullus colocynthis, Luffa

Wirkung und Anwendung von Bryonia in der Homöopathie

Bryonia ist ein ausserordentlich wichtiges und beliebtes homöopathisches Heilmittel. Das hat sicher damit zu tun, dass es dank klaren Symptomen und Modalitäten einfach zu verordnen ist. Meistens sind es akute Fälle, die schnell und sanft durch Bryonia geheilt werden.

Die einfache Modalität «Verschlimmerung durch die geringste Bewegung» betrifft bei Bryonia den ganzen Menschen und wird dadurch zum wahlanzeigenden Allgemeinsymptom, welches uns an dieses Heilmittel denken lässt. Kommen dazu noch stechende Schmerzen, die sich durch Ruhe oder Ruhigstellen bessern, muss schon viel gegen die Verordnung von Bryonia sprechen. So einfach kann Homöopathie sein!

Unter die Modalität «schlimmer durch geringste Bewegung» fallen auch die folgenden Bryonia-Symptome: schlimmer durch Gemütsbewegung, schlimmer durch Öffnen der Augen, Wärme, Husten, Atmen, Niesen, Aufsitzen, Bücken und Bügeln.

Besserung durch Ruhe beinhaltet ferner: besser durch Liegen auf der schmerzhaften Seite, besser durch Druck (da fixiert), muss sich die Brust halten. Wie erwähnt, ist die allgemeine Trockenheit ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium für Bryonia.

Sämtliche Schleimhäute sind trocken: trockene Lippen, trockener Mund, Verstopfung mit trockenem, ausgedörrtem Stuhl. Auch in den Gelenken geht es trocken zu und her, was zu geschwollenen, heissen Gelenken mit stechenden, reissenden und brennenden Schmerzen führen kann. Bryonia hilft auch bei Grippe mit dieser Art von Gelenk- oder Muskelschmerzen und Besserung durch Ruhe sowie Druck. Durst ist typisch für ‹Bryonia-Patienten›, sie trinken nicht oft, aber grosse Mengen auf einmal.

Die serösen Häute (Brust-, Lungen-, Rippen-, Zwerchfell) haben zu Bryonia eine besondere Beziehung. Stechende Schmerzen in der Brust beim Atmen, Husten und Niesen durch eine Reizung oder Entzündung rufen nach Bryonia. Treten die Schmerzen unabhängig von der Atmung auf, denken wir eher an Kalium carbonicum. Früher kam Bryonia oft bei Lungenentzündungen zum Einsatz. Eine «Bryonia-Lungenentzündung» entwickelt sich langsamer (innerhalb von 3 – 5 Tagen) als eine «Aconitum-» oder «Ferrum-phosphori-Entzündung», die sehr plötzlich auftreten kann. Der «Bryoniahusten» ist ausgesprochen schmerzhaft, so dass sich die Patienten beim Husten die Brust halten. Es ist ein trockener, harter, quälender Husten, der bis zum Erbrechen reizt und sich durch Essen, Trinken sowie beim Betreten warmer Räume verschlimmert. Bryonia ist auch ein wichtiges Heilmittel bei Brustentzündungen. Die Brüste sind steinhart, blass, aber heiss und schmerzhaft. Sie müssen gestützt werden, da die geringste Bewegung unerträglich ist.

‹Bryonia-Patienten› sind eher unangenehme Kranke. Sie wollen in Ruhe gelassen werden, geben keine Antwort und werden rasch zornig. Im Fieber wollen sie nach Hause gebracht werden, obwohl sie schon zu Hause sind. Kinder wissen nicht, was sie wollen, ähnlich wie ‹Chamomilla›. ‹Bryonia› wollen aber nicht aufgenommen oder rumgetragen werden. Das gallige Temperament und der bittere Mundgeschmack weisen auf Leberprobleme hin. Gallensteinkolik oder Gelbsucht durch Geschäftssorgen oder Ärger (über sich selbst) bestätigen diese Hinweise. Die Leberschmerzen bessern sich beim Liegen auf der rechten Seite. Leber-Galle-Beschwerden, Verdauungsstörungen (z. B. nach Überessen) und Verstopfung werden oft von Kopfschmerzen begleitet.

‹Bryonia-Menschen› haben Existenzängste, befürchten geschäftlichen Misserfolg, reden (und träumen) deshalb dauernd von ihren Geschäftsangelegenheiten. Sie wagen es nicht zu verreisen, wollen ihr Geschäft nicht verlassen.

Zum Abschluss noch ein paar bewährte Bryonia-Indikationen:

  • Nasenbluten, besonders wenn es anstelle der Menstruation auftritt
  • Rippenverletzungen
  • Gelenkschmerzen, nach unterdrückten Hautausschlägen (Cortisonsalben)
  • Hexenschuss mit stechenden, reissenden, ziehenden Schmerzen, schlimmer beim Gehen

Das Arzneimittelbild von Bryonia

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf

Zentralnervensystem, Schleimhäute, seröse Häute, Bronchien, Magen-Darmkanal, Leber und Gallenblase.

Passt besonders zu

ärgerlichen, reizbaren, zornigen Patienten.

Hauptindikationen

Rachen- und Kehlkopfentzün- dungen. Trockene Bronchitis. Brustfellentzündung. Lungenentzündung. Rippenbrüche. Muskel- und Gelenkrheuma. Magenschleimhautentzündung. Le- bererkrankung. Verstopfung. Glaukom (grüner Star).

Besonders wichtig für die Mittelwahl

  • Symptome: Erträgt keinen Widerspruch / Un- nötige Angst, Sorge um die Zukunft, zieht sich zu- rück. Furcht vor Armut / Ohnmachtsgefühl beim Auf- stehen aus dem Bett / Trockener, schmerzhafter Reiz- husten, heftige Stiche bei jeder Bewegung, beim Atmen und Sprechen. Durst nach grossen Mengen Flüssigkeit. Bitterer Mundgeschmack. Lippen ris- sig, pergamentartig / Leber ist druckempfindlich. Magendrücken (wie von einem Stein). Verstopfung mit trockenem Stuhl / Gelenke heiss, stechend, berührungsempfindlich.
  • Allgemeines: Trockene Schleimhäute. Rechte Körperseite ist bevorzugt betroffen.
  • Modalitäten: Schlimmer morgens, durch Genuss von Brot, geringste Bewegung. Einatmen (tief), Husten verschlimmert sich beim Betreten warmer Räume. Kohl (Sauerkraut) wird schlecht ertragen. Besser durch Wärme (ausser Husten), Schwitzen, Ruhe, Liegen auf dem schmerzhaften Körperteil, dunkles Zimmer, Ausatmen.