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Schwefel gehört im Periodensystem in die 6. Hauptgruppe (wie Sauerstoff und Selen) und befindet sich in der 3. Periode. Die Elemente dieser Periode sind in der Erdkruste enthalten, man könnte auch sagen in der «Haut der Erde». So verwundert es nicht, dass diese Elemente (oder deren Verbindungen) in der Homöopathie oft bei Hauterkrankungen zum Einsatz kommen (vgl.  Natrium, Aluminium, Magnesium, Silicium, Phosphorus).

  • Illustration Sulfur
  • Schwefel | © iStock

Steckbrief von Sulfur

Beschreibung: nichtmetallisches Element der 6. Hauptgruppe, Ordungszahl 16. Unter Normalbedingungen liegt Schwefel in molekularer Form als Cyclooctaschwefel in einer S8-Struktur vor, von der es 3 Modifikationen gibt. Ab einem Schmelzpunkt von 120 °C entsteht eine je nach Temperatur dünnflüssige oder visköse Schwefelschmelze. Schwefel verdampft bei 444 °C zu  schwarzrotem Schwefeldampf, der aus Bruchstücken von S8-Schwefel (S2, S3, S4 etc.) besteht.

Vorkommen: In der äusseren Erdhülle steht der Schwefel in der Häufigkeit an 15ter Stelle. Elementarer Schwefel stammt von Vulkanen und von Sedimenten aus bakterieller Reduktion von Sulfaten. Der Schwefeldioxid in der Atmosphäre wurde aus fossilen Brennstoffen freigesetzt. Schwefel ist in sulfidischen Erzen wie Pyrit, Kupferkies, Bleiglanz und Zinkblende gebunden.  Grosse Vorkommen bilden Sulfate wie Gips, Anhydrit, Bitter- und Glaubersalz.

Chemische Eigenschaften: Reaktionen mit Schwefel geschehen durch Aufbrechen der S8-Struktur. Schwefel verbrennt mit O2 bei 260 °C zu Schwefeldioxid. Er reagiert mit H2 zu Schwefelwasserstoff, der unangenehm nach faulen Eiern riecht. Des Weiteren reagiert er mit Metallen unter starker Wärmeentwicklung und Aufleuchten zu Metallsulfiden.

Bedeutung für Lebewesen: Für die Pflanze gehört Schwefel zu den sechs Hauptnährstoffen, der in Form des Anions (SO4)2- aufgenommen wird. Pflanzen, Pilze und Bakterien reduzieren das Sulfation zu Sulfid. Tiere müssen Sulfid mit der Nahrung aufnehmen. Schwefelreich sind alle Teile, die Keratine enthalten, wie Haare, Nägel, Hufe, Federn etc. Auf der Haut bewirkt  Schwefelpulver erst nach längerer Zeit eine leichte Reizung. In feinster Verteilung hingegen wirkt Schwefel gegen Kleinlebewesen. So kann man z. B. mit Netzschwefel Pilzkrankheiten und Spinnmilben im Wein-, Obst- und Gartenbau erfolgreich bekämpfen. Schwefel ist Bestandteil einiger Aminosäuren (z. B. Cystein und Methionin) und der daraus aufgebauten Proteine, einiger  Enzyme und Vitamine (Thiamin, Biotin). Der Mensch enthält ca. 175 g reinen Schwefel.

Periodensystem: gleiche Periode wie Phosphor, gleiche Gruppe wie Sauerstoff und Selen

Wirkung und Anwendung von Sulfur in der Homöopathie

Schwefel wird zur Herstellung von Schiesspulver und Zündhölzern verwendet, kann also dem Element Feuer zugeordnet werden. Feuer reinigt! Sulfur in homöopathischer Zubereitung ist ein wunderbares «Reinigungsmittel». Der Organismus wird beispielsweise von den Auswirkungen früher angewendeter allopathischer Medikamente befreit (z. B. oft nach Antibiotikagaben nützlich).

In der Natur häufig vorkommende Elemente werden erfahrungsgemäss auch in der Homöopathie des Öfteren verordnet. Sulfur ist eines der am meisten verschriebenen Arzneimittel. Für Hahnemann war Sulfur das wichtigste Antipsorikum, da Schwefel beim Gesunden die allermeisten «typisch psorischen» Symptome hervorrufen kann. Laut Hahnemann leidet die gesamte Menschheit an (zumindest latenter) Psora. So verstehen wir die Aussage von Voegeli: «Sulfur ist der gemeinsame homöopathische Nenner der Menschheit.»

Ordnung (bzw. Chaos) ist ein grosses Thema für ‹Sulfur-Menschen›. Sie haben Mühe, eine Ordnung anzunehmen oder sich einer Autorität unterzuordnen. Das grosse Bedürfnis nach Unabhängigkeit und der Mangel an Disziplin lassen sie alle Regeln brechen nach dem Motto: «Ich mache, was mir passt, und ich weiss sowieso alles besser». ‹Sulfur-Menschen› sind oft sehr materialistisch eingestellt. Sie sparen, sammeln und hamstern alles, egal ob wertvoll oder nicht. Ihre Intelligenz und Sparsamkeit können zu grossem geschäftlichem Erfolg führen. Die Kehrseite manifestiert sich darin, dass  ‹Sulfur-Menschen› durch Freizügigkeit und Selbstlosigkeit auffallen. Sie brauchen für sich kaum etwas und beschränken sich auf das absolut Lebensnotwendige.

‹Sulfur-Menschen› werden oft als sehr faule Menschen bezeichnet. Dieses Klischee trifft aber nicht immer zu. Wenn ‹Sulfur› etwas interessiert, kann er mit enorm grossem Fleiss der Sache auf den Grund gehen und dabei  sogar ausserordentlich genaue Arbeit leisten. Die Sulfur-Konstitution findet man öfters bei Forschern, die das ganze Leben einer Entdeckung oder Erfindung auf der Spur sind und sich damit die Anerkennung der ganzen Welt verdienen wollen.

Die Grunderkrankung «Psora» weisst viele Ängste auf. ‹Sulfur› hat Angst um seine Familie (Freunde). Kommen die Angehörigen nicht pünktlich nach Hause, hat er sofort Angst, es könnte etwas passiert sein. Die Angst vor ansteckenden Krankheiten lässt ihn bisweilen zu übersteigerter Hygiene hinreissen (wagt sich nur zu Hause auf die Toilette). An hoch gelegenen Orten fühlt er sich nicht wohl (Gefühl, er würde nach unten gezogen). Er hat auch Angst und ein unangenehmes Gefühl, wenn er jemanden in  schwindelnder Höhe sieht.

Sulfur ist (zu) gut geprüft und steht deshalb fast in jeder Rubrik eines Repertoriums (Symptomenverzeichnis). Man könnte annehmen, dass in Sulfur jedes Krankheitsbild enthalten ist. Bei derart umfangreichen Arzneimittelbildern ist es wichtig, dass man die Leitmerkmale kennt und bei der Mittelwahl nur auf wirklich besondere, aussergewöhnliche  Symptome hin verordnet.

Als erstes Leitmerkmal können wir uns merken, dass der ‹Sulfur-Patient› Probleme mit der Energieverteilung im Körper hat. An einzelnen Körperstellen entsteht ein Völlegefühl, das Blut staut sich, was zu Hitze, Brennen und Rötung führt. Brennen auf dem Scheitel oder an den Fusssohlen (streckt die Füsse aus dem Bett), rote, empfindliche  Körperöffnungen (Ohren, Augen, Nase, Lippen, Anus, Harnröhre) sind typisch für ‹Sulfur›. Es ist klar, dass diese Menschen zusätzliche Hitze schlecht vertragen, das heisst, ihre Beschwerden (z. B. Juckreiz, Rheuma) verschlimmern sich durch Bettwärme, Sonnenhitze und Wolle.

Das zweite Leitmerkmal ist dem Völlegefühl entgegengesetzt: flaues, leeres Gefühl um 11 Uhr vormittags. Dieses «Loch im Bauch» ca. eine Stunde vor dem Mittagessen kommt oft auch bei Alkoholikern vor. In der Tat hat Sulfur schon manchem Alkoholiker geholfen, sich von seiner Sucht loszureissen. Alkoholmissbrauch ist auch öfters ein Thema in der Familiengeschichte eines ‹Sulfur-Menschen›.

‹Sulfur-Menschen› sind warmblütige Menschen (vulkanisches, feuriges Terrain). Sie haben viel Durst und löschen diesen gerne mit kalten Getränken. Mit Wasser stehen sie eher auf Kriegsfuss: Kinder schreien, wenn man sie waschen will; Hautausschläge jucken nach Kontakt mit Wasser vermehrt. Diese Wasserempfindlichkeit, die Bequemlichkeit und die Tatsache, dass es ihnen egal ist, was andere von ihnen denken, lässt ‹Sulfur-Menschen› die  Hygiene vernachlässigen. Zu Hahnemanns Zeiten war dies bestimmt offensichtlicher als heute, damals war das Baden oder sich Waschen mit viel mehr Aufwand verbunden.

Alle Absonderungen von ‹Sulfur-Patienten› stinken (oft nach faulen Eiern), und die Körperausdünstung ist intensiv. ‹Sulfuriker› sehen ihren eigenen Schmutz nicht und riechen ihren eigenen Gestank nicht.  Aber wehe, wenn jemand in ihrer Umgebung stinkt oder unsauber ist, sind sie die Ersten, die sich beschweren.

Die Verdauung kann Probleme machen. Typisch für Sulfur sind morgendliche Durchfälle, die aus dem Bett treiben (oft um 5 Uhr morgens). Auch Verstopfung kann auftreten: die Stühle sind voluminös, hart und können «wie verbrannt» aussehen. Die Entleerung ist schmerzhaft, so dass Kinder vor dem Stuhlgang Angst haben.

‹Sulfur-Kinder› sind sehr willensstark, neugierig, extrovertiert und werden oft zu Gruppenführern (gerne im Mittelpunkt). Sie sind unruhig, unordentlich, verschmutzen sich in kürzester Zeit und brechen alle Regeln. Positiv fallen sie durch ihre Zärtlichkeit, Lebensfreude und ihren Mut auf.

Sulfur kann jede Art von Hautausschlag heilen. Besonders angezeigt ist Sulfur bei Ausschlägen mit (wollüstigem) Juckreiz, welcher vorerst durch Kratzen bessert und dann in ein heftiges, andauerndes Brennen übergeht. Sulfur ist das wichtigste Heilmittel bei Beschwerden durch unterdrückte Hautausschläge (Kortisonsalben).

Das Arzneimittelbild von Sulfur

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, vegetatives Nervensystem, Haut- und Schleimhäute, Gefässnerven, Venen, Magen-Darmkanal, Leber, Geschlechts- und Harnorgane, Muskeln und Gelenke.

Passt besonders zu:

  • alt aussehenden Säuglingen. Kinder mit trockener, schmutzig- rauher Haut und Abneigung gegen Wasser, arroganten, hochmütigen, tadelsüchtigen, nervösen, eigenwilligen Leuten, unordentlichen, selbstsüchtigen, chaotischen Menschen. Gebeugte Haltung (Hängeschultern).

Hauptindikationen:

  • Rachitis*, Katarrhe der Luftwege, chronische Magen-Darmerkrankungen, Lebererkrankungen, Hautausschläge, Folgen von unterdrückten Ausschlägen
  • Akne, Krampfadern, Hämorrhoiden, Muskel- und Gelenkrheuma, Verstopfung
  • Nach Antibiotika-Behandlungen

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von unterdrückten Hautausschlägen (z.B. Asthma), Antibiotika-Therapien, Blei-, Quecksilbervergiftung.

Symptome:

Unordentlich, selbstsüchtig, chaotisch, gleichgültig, was andere von ihnen denken. Uninteressiertes Umherlungern, faul. Angst um andere (Familie), Höhenangst. Weigert sich zu antworten / Lachen im Schlaf. Alpträume, beim Liegen auf dem Rücken. Schreien der Kinder im Schlaf. Elendgefühl morgens um 11 Uhr. Schlaf oberflächlich, unruhig. Häufige Ohnmacht (bes. bei Magenkrankheiten). Schläft nackt, auf dem Rücken, erwacht um 5 Uhr / Bitterer Geschmack im Mund / Asthma* um Mitternacht, Druck auf der Brust, will das Fenster weit offen lassen / Hitze im Scheitel (dauernd) / Blähungsabgang riecht nach faulen Eiern. Unwiderstehlicher Stuhldrang (Durchfall) nach dem Erwachen. Verstopfung mit harten, grossen, schmerzhaften Stühlen / Heisse Schweisshände. Fingernägelkauen / Plötzlicher Harndrang, muss sich beeilen. Schmerzhafter Samenerguss / Übelriechender Fusschweiss / Ungesunde, trockene, rasch eiternde Haut, Juckreiz. Juckreiz mit Kratzen, Brennen der Haut. Hautleiden um den After.

Allgemeines:

Brennen überall und lokal (z.B. auf dem Scheitel, Füsse) / Alle Körperöffnungen sind gerötet (leuchtend rote Lippen) / Zur Förderung der Ausscheidung von Stoffwechselschlacken, Blei, Quecksilber (Sulfur monatelang einnehmen) / Heisse Füsse nachts (streckt sie aus dem Bett) / Stinkende Ausdünstung / „Sulfur-Patienten" haben immer zu warm und trinken viel beim Essen (ohne Durst) / Asthma und Hautausschläge wechseln sich ab / Abneigung gegen Eier, Saures. Fleisch und Milch, Unverträglichkeit derselben / Erträgt wollene Kleidung, Waschen und Bettwärme nicht (Hautausschlag) / Mundgeruch und übler Körpergeruch mit Abneigung dagegen / Verlangen nach Alkohol, Süssigkeiten, Fett / Periodisch zurückkehrende Beschwerden (z.B. jede Woche).

Modalitäten:

Schlimmer durch Wolle, Reiben, Anstrengung, Alkohol, Waschen und Baden, Bettwärme (Hautausschlag), beim Stehen, bei  Vollmond.

Besser durch frische Luft, trockenes, warmes Wetter und durch Bewegung (Beugen der Glieder).

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, mit dem Arzt und als erste Hilfe.