de fr it
Menu

Die Wiesen-Küchenschelle ist eine unserer schönsten Frühlingsblumen. Der Name hat mit Küche überhaupt nichts zu tun. Er bezieht sich auf die Blüten, die an Kuhglocken erinnern (Kühchen = kleine Kuh, Schelle = Glocke). ‹Pulsatilla-Menschen› sind bekannt als sanfte,  hübsche Frauen oder Kinder mit zartem Teint, blonden Haaren und blauen Augen. Laut Vithoulkas ist Pulsatilla zu 75% ein «Frauenmittel». Pulsatilla hat eine ganz besondere Beziehung zum weiblichen Hormonhaushalt und kommt deshalb oft zum Einsatz bei seelischen  sowie körperlichen Beschwerden während (oder ab) der Pubertät, vor und während der Menstruation sowie während der Schwangerschaft und Geburt. Pulsatilla ist zudem eines der wichtigsten Heilmittel bei Fruchtbarkeitsstörungen.

  • Illustration Pulsatilla

Steckbrief von Pulsatilla

Beschreibung: Die ausdauernde, 10 bis 50 cm hohe Pflanze besitzt einen aufrechten und dicht behaarten Stängel, der etwa in der Mitte in einem Wirtel (Kreis, Quirl) angeordnete, dreizipflige Blätter trägt. Die anderen Blätter sind vorwiegend grundständig, 3- bis 4-fach gefiedert mit schmalen Endabschnitten und ebenfalls weisszottig behaart. Die meist nickenden Blüten stehen einzeln, ihre 6 Blütenblätter sind 1,5 bis 3 cm lang und an der Spitze nach aussen zurückgerollt. Bei den länglichen Früchten wachsen die Griffel zu einem bis 6 cm langen Schweif heran, der zur Verbreitung durch den Wind dient.

Blütezeit: April bis Juni

Verbreitung: Mittel- und Osteuropa. Im Westen von Südost-Norwegen, Dänemark, Deutschland östlich der Elbe, Österreich und im Osten bis ins Baltikum, ins europäische Russland und die Ukraine. In Deutschland wird sie auch in Kulturen angebaut.

Standort: Die Pflanze kommt in trockenen Wiesen, lichten Kiefernwäldern, an Waldrändern und auf offenen, sandigen Hügeln vor. Sie gedeiht auf Kalkböden, aber auch auf mehr oder weniger sauren und sandigen Böden. Sie ist vorwiegend im Tiefland anzutreffen, steigt aber auch bis in die montane Stufe (bis ca. 1'200 m ü. d. M.).

Besonderheiten: Die Gattung Pulsatilla ist nahe verwandt mit der Gattung Anemone. So wurde die Wiesen-Küchenschelle früher auch als Anemone pratensis bezeichnet. Die Gattung Pulsatilla unterscheidet sich von Anemone durch ihre stete Einblütigkeit, durch ihre oft vorhandenen Honigblätter und durch ihren Griffel, der zur Fruchtzeit verlängert, fadenförmig und abstehend behaart ist. Pulsatilla umfasst etwa 30 Arten und ist auf der nördlichen Hemisphäre zwischen dem 30. Breitengrad und dem Polarkreis verbreitet. Die meisten Arten findet man in Mittel- und Ostasien, fünf Arten kommen in der Schweiz vor.

verwendeter Teil: ganze, blühende Pflanze

wichtige Verwandte: Aconitum, Cimicifuga, Clematis, Helleborus, Hydrastis, Ranunculus, Delphinium staphisagria

Wirkung und Anwendung von Pulsatilla in der Homöopathie

Wechselhaftigkeit und Nachgiebigkeit sind typische Kennzeichen von ‹Pulsatilla›. So wie sich die zarte Küchenschelle vom Wind hin und her bewegen lässt, neigen der Gemütszustand, die Symptome und der Ort der Beschwerden zu stetigem Wechsel. Die Beschreibung «himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt» passt sehr gut zu den Stimmungsschwankungen von ‹Pulsatilla-Menschen›. Auf der körperlichen Ebene wechselt beispielsweise dauernd die Beschaffenheit des Stuhls (kein Stuhl ist wie der andere), oder die Gelenkschmerzen wandern von einem Gelenk zum andern.

Menschen, die Pulsatilla benötigen, lassen sich stark von ihrer Umgebung beeinflussen. ‹Pulsatilla-Menschen› können vor allem dem Element Wasser zugeordnet werden. Wie das Wasser sind sie nachgiebig, schmiegen sich vorgegebenen Formen an, formen sich nach den Wünschen anderer, geben nach und erobern trotzdem alles. Tränen werden beim geringsten Anlass grosszügig vergossen, verschwinden aber durch Trösten und Liebkosen ebenso rasch. Liest man die Beschreibung des  Sternzeichens Krebs, hat man das Gefühl, man lese eine Beschreibung des Pulsatilla-Charakters: Wasserzeichen, Stimmungsschwankungen, Weiblichkeit, Fürsorglichkeit, Leben für die Familie, Liebe, Kinder und Essen (Italien), Vorliebe für wässrige Farben (Pastellfarben), Vorliebe für Arztromane (‹Pulsatilla-Menschen› lesen gerne medizinische Bücher).

Die meist gut genährten ‹Pulsatilla-Kinder› schauen einen mit liebevollem, schüchternem Blick an und hängen oft am Rockzipfel der Mutter. Sie haben Schwierigkeiten, sich für etwas zu entscheiden, und sind froh, wenn ihnen jemand wichtige Entscheidungen abnimmt. Die Angst vor dem Alleinsein, ihr Verlangen nach Unterstützung und das grosse Harmoniebedürfnis treiben sie nicht selten in die Hände von Sekten oder dubiosen spirituellen Gruppen. Wenn sie das Glück haben, in einer harmonischen Familie aufzuwachsen, möchten sie am liebsten immer Kind bleiben (Probleme in der Pubertät). ‹Pulsatilla-Menschen› werden von vielen Ängsten geplagt. Vor allem haben sie Angst, nicht geliebt zu werden oder alleine zu sein. Sie fühlen sich nicht wohl in engen Räumen, in einer Menschenmenge oder in der Dunkelheit. Der Schlaf ist für viele ‹Pulsatilla-Kinder› ein Problem, weil sie dadurch von ihren Eltern getrennt werden. Zu Einschlafstörungen kommt es manchmal auch, weil ihnen immer wieder das gleiche Lied durch den Kopf geht. ‹Pulsatilla-Menschen› brauchen frische Luft, das Schlafzimmerfenster muss geöffnet sein. Sie liegen auf dem Bauch oder Rücken (Hände über dem Kopf) und strecken oft ihre Füsse unter der Bettdecke hervor (vgl. Sulfur, Medorrhinum, Chamomilla).

Pulsatilla hilft bei vielen Beschwerden während der Schwangerschaft und ist das wichtigste Geburtshilfemittel. Auch hier können wir eine Verbindung zum Element Wasser knüpfen: Vor der Geburt schwimmen wir alle 9 Monate lang im Fruchtwasser und sind «Wasserwesen». Pulsatilla hilft uns, auf die Erde zu kommen. Pulsatilla hat so viel mit Schwangerschaft und Geburt zu tun, dass der grosse Wiener Homöopath Mathias Dorcsi (1923 – 2001) routinemässig allen schwangeren Frauen 4 Wochen vor der Geburt Pulsatilla verordnete. ‹Pulsatilla-Frauen› sind die geborenen Mütter und bemuttern leidenschaftlich die ganze Familie. Pulsatilla ist das Mittel der Wahl, wenn während der Schwangerschaft durch ungerechtfertigte Eisengaben Probleme auftauchen. In diesem Zusammenhang können wir uns die Aussage von Graf merken: «Eisen dient den männlichen Zielen und verdrängt das gegen Ende der Schwangerschaft wichtige weibliche Kupfer.»

Treffen der Gemütszustand und die Modalitäten zu, hilft Pulsatilla auch bei vielen Akutbeschwerden: Masern, Mumps (verhindert oder beseitigt Komplikationen), Augenentzündungen, Ohrenschmerzen, Tubenkatarrh, Nebenhöhlenbeschwerden, Schnupfen, Husten, Verdauungsstörungen (besonders nach schwerverdaulichen, fetten Speisen oder Eiscreme), Blasenentzündungen, Menstruationsbeschwerden, Venenbeschwerden, rheumatische Beschwerden.

Absonderungen sind zuverlässige Botschafter aus dem Innern des Körpers. Ihre Beschaffenheit (Farbe, Geruch, Konsistenz) hilft uns oft, ein Heilmittel zu finden oder zu bestätigen. Bei Pulsatilla (wie könnte es anders sein) sind die Absonderungen mild, das heisst nicht wund machend, dick, cremeartig und gelblich-grün. ‹Pulsatilla-Menschen› reagieren empfindlich, wenn Absonderungen unterdrückt werden. Insbesondere wenn die Menstruation nicht mehr naturgemäss stattfinden kann (Hormonpräparate, Gebärmutteroperation), treten schwerwiegende Probleme auf. Nach kalten, nassen Füssen kann bei ‹Pulsatilla-Frauen› die Menstruation ausbleiben oder eine Blasenentzündung auftreten.

Das Arzneimittelbild von Pulsatilla

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

Zentralnervensystem, Gebärmutter, Eierstöcke, Magen-Darmkanal, Leber und Gallenblase, alle Schleimhäute, Pfortader und peripheres Venensystem, Muskeln und Gelenke.

Passt besonders zu:

milden, äusserst gefühlvollen, launischen Menschen. Himmelhochjauchzend, dann zu Tode betrübt. Weint sofort (bes. beim Reden von den Beschwerden) und erträgt Kummer im Stillen. Blonde, hellhäutige und blauäugige reagieren besonders gut.

Hauptindikationen:

  • Wankelmütigkeit

  • Asthma* bei Kindern mit Hautausschlägen

  • Neigung zu Erkältungen, Hinterkopfschmerz, Mittelohrentzündungen*, Magen-Darmerkrankungen, Leber-Gallenstörungen, Blasenentzündungen, Erkrankungen der Geschlechtsorgane*, Prostataentzündung*, Venenbeschwerden, venöse Stauungen durch Röntgenbestrahlung (Krebsbestrahlung), Muskel- und Gelenkrheuma

Besonders wichtig für die Mittelwahl

  • Folgen von nassen, kalten Füssen, unterdrückten Absonderungen (Schweiss, Menstruation, Tripper) / Entfernung der Gebärmutter vor den Wechseljahren.

Symptome:

  • Kinder werden anhänglich, suchen Trost, hängen immer an Mutters Schürzenzipfel, Heimweh. Schüchtern, ängstlich (besonders, wenn abends alleine)
  • Angst, Furcht in geschlossenen Räumen
  • Traurig, schwermütig vor der Menstruation
  • Unbeständig, wechselhaft wie das Wetter im April (Gemüt, Symptome, Ort der Beschwerden)
  • Kinder sind abends hellwach, schreien im Schlaf / Schwindel und Hitzewallungen in den Wechseljahren
  • Kopfschmerzen von geistiger Anstrengung (Schulkinder) / Entzündungen des Mittelohrs, der Augenbindehaut und der Augenlider (Gerstenkörner) / Schnupfen, Nase mal verstopft, mal frei. Mal linke, mal rechte Nasenseite verstopft / Trockener Mund ohne Durst / Verdauungsstörungen nach fetten Speisen / Die Regel bleibt aus (z.B. durch nasse Füsse) oder ist verspätet und eher schwach / Blasenentzündung nach durchnässten Füssen / Frostbeulen / Krampfadern (besonders während der Schwangerschaft und in der Hitze)

Allgemeines:

Verlangen ins Freie, an die frische Luft zu gehen (äussere Hitze ist unerträglich) / Hitzegefühl nachts, schwitzt nur an einer Körperhälfte, Hände und Füsse kalt oder heisse Füsse (streckt sie aus dem Bett) / Die Absonderungen (Nasen-, Augensekret, Auswurf, Ausfluss) sind mild (nicht wundmachend), cremeartig und gelblich / Abneigung gegen fette, warme Nahrung, Tabakrauch.

Modalitäten:

Schlimmer durch Brot, Glacé (Eis), Hitze, warme geschlossene Zimmer (trotz Frostigkeit), Berührung (Haare), Ruhen, Reiben, langes Stehen, vor der Menstruation. Fette Speisen (Rahm, Schweinefleisch, Patisserie, Butter, Eier) werden schlecht vertragen. Durch körperliche Anstrengung (Husten, Venenbeschwerden). Durch Hängenlassen der Beine, Tieflagern des Kopfes. Bei Vollmond. Besser durch Kälte, frische Luft, fortgesetzte, gemütliche Bewegung, Trösten (Depression).

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, mit dem Arzt und als erste Hilfe.