de fr it
Menu

In grossen Arzneimittellehren werden etwa 25 verschiedene Kalisalze beschrieben, davon ein Dutzend ausführlich. Es macht Sinn, die Kalisalze als Gruppe zu studieren, da sie viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Ohne Kalium wären Pflanzen, Tiere und Menschen nicht lebensfähig. Analog  zu dieser Wichtigkeit müsste den Kalisalzen auch in der Homöopathie grössere Bedeutung zukommen. Die Kalisalze sind offenbar wie die Menschen, denen sie verordnet werden sollten, zu unauffällig, zu wenig attraktiv und zu mühsam, um sich mit ihnen eingehend zu befassen. Wir  konzentrieren uns in unserem Buch auf Kalium bichromicum und Kalium carbonicum.

  • Illustration Kalium carbonicum
  • Kaliumcarbonat, Pottasche | © iStock

Steckbrief von Kalium carbonicum

Beschreibung: Kaliumcarbonat ist ein weisses, ungiftiges und körniges Pulver oder eine kristalline Masse. Es ist hygroskopisch, das heisst, es zieht Wasser aus der Luft an und wandelt sich unter CO2-Aufnahme allmählich in Hydrogencarbonat um. Der Schmelzpunkt liegt bei 891 °C. Kaliumcarbonat löst sich sehr gut in Wasser. In einem Liter Wasser kann über 1 kg Kaliumcarbonat aufgelöst werden.

Vorkommen: Aufgrund seiner guten Löslichkeit kommt Kaliumcarbonat nicht in der Natur vor. Kalium findet man in Kalifeldspat (Orthoklas) und Kaliglimmer (Muscovit) und als Bestandteil vieler vulkanischer Erstarrungsgesteine. Bei der Verwitterung wird das in Feldspaten chemisch gebundene Kalium ausgewaschen und in lösliche Verbindungen überführt. Allerdings wandert es nicht wie das Natrium ins Meer, sondern wird in den Böden gebunden.

Chemische Eigenschaften: Kaliumcarbonat reagiert mit Säuren unter Bildung von Kohlensäure bzw. Kohlendioxid (aufschäumen) und dem Kaliumsalz der entsprechenden Säure. Es ist mit Soda (Natriumcarbonat) nahe verwandt, welches auch in Brausetabletten verwendet wird. Lösungen von Kaliumcarbonat sind basisch (alkalisch).

Bedeutung für Lebewesen: Wenn auch nicht Kaliumcarbonat, so spielt doch Kalium bei Pflanzen, Tieren und beim Menschen eine wichtige Rolle. Es wird von Pflanzen in stärkerem Masse aufgenommen als andere Kationen und stellt ein Hauptnährelement dar. Kalium ist für den Wasserhaushalt und den gesamten Stoffwechsel der Pflanzen wichtig. Im menschlichen und tierischen Organismus ist Kalium zusammen mit Natrium für den osmotischen Druck in der Zellflüssigkeit verantwortlich. Pottasche wurde schon von den Galliern benutzt, um Seifen und Schmierseife herzustellen. Des weiteren wurde Kaliumcarbonat in der Herstellung von Gläsern, Kaltasphalten (Strassenbau), Farben, keramischen Gegenständen, als Trocknungsmittel und Adsorbens im Laboratorium, als Entwickleralkali in der Fotografie und zur Herstellung von Backpulver eingesetzt.

wichtige Verwandte: Kalium bichromicum, Kalium bromatum, Kalium jodatum

Wirkung und Anwendung von Kalium carbonicum in der Homöopathie

Zum Einstieg einige Merkmale, die sich durch die ganze Kaliumgruppe ziehen. Wie bei Silicea, Arsenicum album oder anderen mineralischen Heilmitteln ist Struktur und Ordnung ein wichtiges Merkzeichen. Menschen, die ein Kalisalz benötigen, sind konservativ, verschlossen und sprechen nicht gerne über ihre Gefühle. Das Element Erde dominiert auf Kosten des Elementes Wasser (Gefühle). So wie sich die Gefühle stauen, staut sich das Wasser im Gewebe (besonders Kalium carbonicum). Schweiss fliesst reichlich (schwer zu kontrollieren), und ein kleiner Luftzug reicht, damit sich die stets frierenden ‹Kalium-Menschen› erkälten. Weinen und sprechen sind am ehesten im Schlaf möglich, da sie sich tagsüber fest unter Kontrolle haben. Die Beschwerden verschlimmern sich nachts (syphilitisch). Die Familie ist für ‹Kalium-Menschen› ausserordentlich wichtig (ausser Kalium jodatum). Die Ängste drehen sich vor allem um die Zukunft (Geld) und die Gesundheit. ‹Kalium-Menschen› wählen gerne Berufe, in denen sie mit sehr grossem Pflichtgefühl eine Kontrollfunktion ausüben können (Zoll-, Steuer-, Polizeibeamter). Sie können wegen Kleinigkeiten in Wut geraten und lauthals rumschreien.

Nun wollen wir uns speziell mit Kalium carbonicum befassen. Unser Bild zeigt einen ziemlich massiven und aufgeschwemmten Mann. Die für Kalium carbonicum typischen Schwellungen am inneren Winkel der oberen Augenlider (wie kleine Kissen) haben wir etwas überzeichnet, damit sie nicht übersehen werden. Dieses Zeichen hat uns schon mehrfach zu einer erfolgreichen Verordnung von Kalium carbonicum geführt. Besonders bei Menschen, die sich bei der Konsultation alles andere als mitteilsam verhalten, sind solche Beobachtungen von unschätzbarem Wert. Sogar ‹Kalium-carbonicum-Kinder› sind verschlossen und erzählen nichts spontan. Von der Mutter hören wir, dass sie einen auffälligen Ordnungssinn hätten, sich ärgern, wenn die Dinge nicht genau an dem von ihnen vorgesehenen Platz stehen.

Das Leben soll diskret (grau-braune Kleidung) in einem geordneten Rahmen ablaufen. ‹Kaliumcarbonicum-Menschen› haben ein schwarzweisses Weltbild: Dies ist gut, jenes schlecht («Das macht man doch nicht!»). Sie wollen Kontrolle, überlassen nichts dem Zufall und vertrauen lieber auf ihren Verstand als auf unberechenbare Gefühle. Spontane Entschlüsse kommen so selten zustande. Der steife Rücken und die festgefahrenen Gelenke (Arthrose in Knie- und Hüftgelenken) repräsentieren ihr unflexibles, überkorrektes und kleinkariertes Verhalten.

‹Kalium-carbonicum-Menschen› sprechen nicht über ihre Gefühle, aber sie erzählen uns, dass sie ihre Ängste im Bauch (Magen) spüren. Sie haben vor allem Angst, alleine zu sein, ihre Angehörigen zu verlieren (Krankheit, Katastrophen), arbeitslos zu werden und ihre Pflicht gegenüber der Familie nicht mehr erfüllen zu können. Sie sind sehr empfindlich auf die geringste Berührung, den kleinsten Luftzug oder erschrecken bei einem leisen Geräusch. Sie träumen von Geistern, Gefahr, Räubern und Streit mit (toten) Verwandten. Wenn die Familie ihnen nicht die erwartete Unterstützung gibt oder wenn sie unter körperlichen Beschwerden leiden, sind sie sehr reizbar und streitsüchtig. Sie streiten am meisten mit den Menschen, die ihnen am nächsten stehen, und behandeln sie unverschämt. Kalium carbonicum soll laut Morrison das Hauptmittel für Selbstgespräche sein. Wenn man nicht mit anderen spricht, dann wenigstens zu sich selbst. Oder vielleicht fühlt sich ‹Kalium carbonicum› damit weniger einsam.

Auf der körperlichen Ebene ist die Kombination von Schwäche, Schweiss (nur am Oberkörper) und Rückenschmerzen (strahlen ins Gesäss und in die Oberschenkel aus) ein zuverlässiger Hinweis auf Kalium carbonicum. Die Verschlimmerungszeit nachts von 2 – 4 Uhr lässt uns ebenfalls an Kalium carbonicum denken. Schlaflosigkeit mit Herzklopfen, Husten oder Atembeschwerden während dieser nächtlichen Stunden sind typisch. Husten und Asthma bessern übrigens in der «Kutscherstellung» (sitzen mit auf den Knien aufgestützten Ellenbogen). Ein «erdiges» Heilmittel hat stechende Schmerzen. Das trifft für Kalium carbonicum hundertprozentig zu: Überall im Organismus (Hals, Brust, Gelenke, Nieren) treten stechende Schmerzen auf.

Kalium carbonicum wird auch häufig von Hebammen verordnet: Sei es, um eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft zu verhindern oder um die Geburt voranzutreiben (verspätete Wehen mit starken Rückenschmerzen). Für eine ‹Kaliumcarbonicum-Frau› ist das Gebären eine schwierige Situation. Sie kann die Kontrolle nicht abgeben und loslassen. Das Sexualleben leidet verständlicherweise auch, weil ein Orgasmus unter dem «Sich-ständigunter-Kontrolle-halten-wollen» eine anstrengende Angelegenheit ist, die schwächt und Rückenschmerzen provoziert.

‹Calcium-carbonicum-Menschen› sind ebenfalls fettleibig, aufgeschwemmt und blass. Ihre Beschwerden verschlimmern sich durch Kälte und Zugluft. Zudem leiden sie oft unter Zukunftsangst. ‹Calcium carbonicum› ist «weicher», anpassungsfähiger (richtet sich nach der Meinung der anderen), und die Beschwerden sind tagsüber sowie durch Anstrengung schlimmer (Psora). ‹Kalium carbonicum› hat nächtliche Verschlimmerung und fühlt sich schlechter in der Ruhe. Seine Meinung ist fix, er hat immer recht. Die Empfindlichkeit auf Zugluft ist bei ‹Kalium carbonicum› enorm (spürt sie sogar, wenn er in einem anderen Zimmer ist). Die Beschwerden treten im Rücken, Gesäss und im Kreuz auf (‹Calcium carbonicum› ist vor allem im Nacken empfindlich und trägt deshalb oft einen Schal).

Bei Lungen- und Gelenkbeschwerden muss man sich öfters zwischen Bryonia und Kalium carbonicum entscheiden. Hier führen uns die Modalitäten auf die richtige Spur: ‹Bryonia-Patienten› liegen auf der schmerzhaften Seite und erleben eine Verschlimmerung durch  Bewegung. Bei ‹Kalium carbonicum› ist das Gegenteil der Fall.

Das Arzneimittelbild von Kalium carbonicum

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, Nervus vagus (10. Gehirnnerv), Herz und Kreislauf, Atemwege, Magen-Darmkanal.

Passt besonders zu:

  • depressiven, schreckhaften und ängstlichen, pflichtbewussten Verstandesmenschen (zeigen Gefühle nicht, sind dogmatisch).

Hauptindikationen:

Schlafstörungen, Erschöpfungszustände. Wasseransammlung im Gewebe (Ödem). Zwölffingerdarmgeschwüre, Verdauungsstörungen bei alten Leuten. Katarrhe der oberen Luftwege. Hexenschuss. Besonders wichtig für die Mittelwahl, Folgen von Infektionskrankheiten (Erschöpfung).

Symptome:

Furcht in der Dunkelheit. Angst um die Gesundheit / Gereiztheit, Schwäche, Schweiss (nur am Oberkörper) und Rückenschmerzen sind typisch / Sehr trockene Haare / Kalter Wind macht Kopfweh / Schwellung am inneren Winkel der oberen Augenlider (wie kleine Kissen) / Nase in  warmen Räumen verstopft. Nasenöffnung geschwürig wund / Atemnot und Erschöpfung bei geringen Anstrengungen. Die Schleimhäute der Atem- und Verdauungswege sind gereizt und trocken / Auftreibung des Leibes. Angstgefühl in der Magengegend. Gefühl, als ob der Magen voll Wasser wäre. Verstopfung mit vergeblichem Stuhldrang und sehr voluminösen Stühlen / Herzangst und Herzstiche / Empfindliche Fuss-Sohlen. Übel riechender Fuss-Schweiss / Schwäche im Kreuz und in den Beinen («Beine geben nach»). Verspätete, schwache Blutung / Schwäche nach Wehen und Geburten (auch bei Fehlgeburten). 

Allgemeines:

Kitzlig und sehr schmerzempfindlich (will nicht berührt werden) / Grosses Wärmebedürfnis und Neigung zu Erkältungen. Überempfindlichkeit auf Zugluft / Neigung zu Wasseransammlungen im Gewebe (Ödem). 

Modalitäten:

Schlimmer durch Kälte (kaltes Wetter), Liegen auf der kranken Seite, meistens morgens zwischen 2 und 5 Uhr. Verschlimmerung aller Beschwerden nach Geschlechtsverkehr und während der Periode. Durch Samenabgang.

Besser durch Aufenthalt in warmen Ländern (chronische Erkältungen), sich Zusammenkrümmen, sich Drehen.