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Constantin Hering (Hahnemanns Lieblingsschüler) nannte die Buschmeisterschlange «Lachesis» nach einer der drei Schicksalsgöttinnen der griechischen Mythologie. Seinem Forscherdrang und Mut verdanken wir Heilmittel von unschätzbarem Wert. Hering gewann das Gift von einer lebenden Lachesis und verrieb es mit Milchzucker. Dabei verschaffte er sich ungewollt, bereits durch das Einatmen des dabei entweichenden Staubes, einen ersten Eindruck von diesem heilenden Gift. Er verspürte Halsschmerzen, ein quälendes Angstgefühl, wurde trotz Schläfrigkeit besonders redselig, hatte Schwierigkeiten beim Einschlafen wegen Empfindlichkeit und Druck im Halsbereich: alles Symptome, die sich inzwischen millionenfach bestätigt haben.

  • Illustration Lachesis
  • Buschmeister Schlange | © iStock

Steckbrief von Lachesis

Beschreibung: Die Schlange kann eine Gesamtlänge von bis zu 3,8 m erreichen, bleibt aber meist unter 2 m. Der Kopf ist deutlich abgesetzt, breit, flach und mit einem breiten, dunklen Band über der Schläfe. Die kleinen Augen besitzen runde Pupillen. Der Schwanz endet mit einem verhornten Stachel, mit dem durch vibrierende Bewegungen ein Rascheln hervorgerufen werden kann. Eine eigentliche Rassel besitzt der Buschmeister nicht.

Verbreitung und Lebensraum: Der Buschmeister, die grösste Giftschlange Amerikas, ist von Costa Rica und Panama in Mittelamerika über Kolumbien, Venezuela, das ganze Amazonas-Becken bis in den Süden Brasiliens verbreitet. Zudem kommt sie auf Trinidad vor. Der Buschmeister lebt in Höhenlagen tropischer Gebirgswälder, die vom Nebel stetig feucht sind und eine gleichmässige Temperatur um 20 °C aufweisen.

Lebensweise: Der scheue Bodenbewohner ist vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv und ernährt sich hauptsächlich von Nagetieren. Der Buschmeister zeigt ein Brutpflegeverhalten, bei dem er sein aus 10 bis 12 Eiern bestehendes Gelege bewacht.

Schlangengift: Die Schlange besitzt Giftzähne mit einer Länge von 35 mm und kann beträchtliche Giftmengen applizieren, sie ist jedoch nicht angriffslustig. Die Vergiftungserscheinungen sind weniger gravierend als bei den verwandten Klapperschlangen. Sie gehen mit starken Schwellungen an der Bissstelle sowie lokalen Schmerzen mit Blutblasenbildung und Hautblutungen einher. In schweren Fällen tritt eine Gewebsnekrose (abgestorbenes Gewebe) auf. Allgemeine Symptome sind Muskelzuckungen, Schwäche bis zur Ohnmacht, Schweissausbrüche und Erbrechen. Trotz grossen Giftmengen liegt die Mortalitätsrate bei Bissen des Buschmeisters nur bei 0,2 %.

verwendeter Teil: Gift des Buschmeisters

wichtige Verwandte: Crotalus cascavella, Crotalus horridus (Klapperschlangen)

Wirkung und Anwendung von Lachesis in der Homöopathie

‹Lachesis-Menschen› sind geschwätzig und beherrschen die Sprache meistens hervorragend. Sie halten fesselnde Reden, sprechen in vielen Variationen, lieben Wortspiele und verfügen über einen grossen Wortschatz. Ihre Vorträge können «giftig», humorvoll oder auch sehr tiefgründig, fanatisch religiös sein. Gesprächspartner sind sie allerdings schlechte, da sie überhaupt nicht zuhören können, anderen ständig ins Wort fallen, Fragen beantworten, bevor diese richtig formuliert sind, und letztlich allen ihre Meinung aufdrängen wollen. Ihrem Sprachtalent entsprechend, sind sie begabte Rethoriker, Prediger, Missionare oder beliebte Schauspieler und Kabarettisten. Wenn jemand beim Sprechen «züngelt», das heisst, mit der Zunge oft über die Lippen fährt, ist das übrigens ein interessanter Hinweis auf Lachesis.

Mit dem Bild der züngelnden Schlange vor Augen können wir uns das Arzneimittelbild besser einprägen: ‹Lachesis-Menschen› können mit «gespaltener Zunge» sprechen, das heisst, sie nehmen es oft mit der Wahrheit nicht so genau (so kursieren viele wilde, offenbar unwahre Geschichten über Herings Umgang mit Schlangen).

Nicht nur die Zunge ist gespalten! Edward C. Whitmont (Psychoanalytiker und Homöopath, 1912 – 1988) schrieb: «Wo der Geist gegen die Triebe kämpft, begegnet man der Pathologie der Schlange.» ‹Lachesis-Patienten› werden von zwei Willen hin- und hergerissen. Sie stehen z. B. zwischen Masslosigkeit und Zurückhaltung, Hochmut und Bescheidenheit, Liebe und Hass. ‹Lachesis-Menschen› unterdrücken oft ihre Sexualität und leben ein «wohlanständiges» Leben. Dieses Verdrängen führt offenbar zu einer übermässigen Empfindlichkeit des Blutkreislaufes. Es entsteht eine Art Stauung mit Hitzewallungen. Ähnlich wie bei Belladonna kann sich das Blut im Kopf oder in den Venen mit Pulsieren und Verfärbung stauen, wobei ‹Lachesis› eher blau-rot bis violett aussieht. Symptome wie Bluthochdruck mit Furcht vor Herzkrankheit (nicht unberechtigt) oder die Unmöglichkeit, auf der linken Körperseite zu liegen (spürt das Herz), sind typisch für ‹Lachesis›. Die linke Körperseite (Herzseite) ist die angeschlagene Seite: viele Beschwerden beginnen links und breiten sich anschliessend nach rechts aus.

‹Lachesis-Menschen› können sehr eifersüchtig sein. Dies ist oft schon bei Kindern zu beobachten, wenn beispielsweise ein Geschwisterchen geboren wird. Die krankhafte Eifersucht bei Erwachsenen dreht sich vor allem um den Partner, sie möchten ihr «Lustobjekt» auf keinen Fall verlieren. Wie kann sich ein so «unter Druck» stehender Mensch Luft verschaffen? Erstens muss er sich gegen zusätzlichen äusseren Druck wehren und zweitens «Dampf» ablassen! Zur Befreiung werden einengende Dinge wie Krawatten, Rollkragen, Gürtel, Uhr, Ringe abgelegt und gestaute Sekrete abgesondert. ‹Lachesis› fühlt sich besser durch jede Absonderung (Blut, Schweiss, Muttermilch, Samen), auch «Ausscheidungen» verbaler Art bessern (Zornesausbruch, Redeflut).

Jede Veränderung im Rhythmus des Kreislaufsystems kann für ‹Lachesis-Menschen› eine Verschlimmerung ihres Zustandes bewirken. Zum Beispiel: schlimmer beim Einschlafen, beim Erwachen, im Frühling und im Herbst (Temperaturveränderung), während der Wechseljahre, nach einem heissen Bad, nach Alkohol usw. Die Lachesis-Schlange ist eine «cool-snake», das heisst, sie verträgt die Hitze schlecht und hält sich möglichst an kühlen Orten auf. Genauso ist es auch bei ‹Lachesis-Menschen›: sie sind warmblütig, und ihre Beschwerden verschlimmern sich durch Hitze oder Wärmeanwendungen oder bei Föhn.

Der Hals ist die empfindliche Stelle der Schlange, dort kann man sie packen. ‹Lachesis-Menschen› haben ebenfalls einen empfindlichen Hals: Jede Einengung durch Kleidung, Halsketten, Krawatte oder sogar durch die Berührung der Bettdecke ist unerträglich. Zudem berichten die meisten ‹Lachesis-Patienten› über Halsschmerzen, die «über Nacht» kommen, auf der linken Seite beginnen und dann nach rechts wandern. Die Schmerzen verschlimmern sich durch warme Getränke und Leerschlucken. Feste Speisen und kalte Getränke lindern die Beschwerden. Wenn die Schmerzen hartnäckig auf der linken Seite bleiben und zudem die Halsdrüsen geschwollen sind, sollte man an Mercurius bijodatus denken.

Lachesis ist ein wichtiges Heilmittel bei Abszessen und Geschwüren, die auf der linken Körperseite (Beingeschwüre, Gangrän) auftreten, eine bläuliche Verfärbung aufweisen und sehr berührungsempfindlich sind (ertragen keinen Verband). Bei Gefahr von Blutvergiftung oder zur unterstützenden Behandlung von Tierbissen (vgl. Ledum) kann Lachesis ebenfalls sehr wertvolle Dienste leisten.

Lachesis hat Einfluss auf den Hormonhaushalt. Deshalb kommt dieses Heilmittel öfters zum Einsatz bei Eierstockzysten (links) oder bei Beschwerden nach Gebärmutterentfernung, besonders wenn die Operation während oder nach dem Klimakterium ausgeführt wird. Wenn Beschwerden während der Wechseljahre auftreten oder seit Beginn dieser Umstellung vorhanden sind, ist oft Lachesis angezeigt. Das können wir gut verstehen, denn durch die ausbleibende Menstruation ist ein wichtiges Ventil zum «Dampfablassen» verschwunden. Auch wenn der Hormonhaushalt durch den Einsatz der Antibabypille durcheinander geraten ist und sich beispielsweise eine starke Akne gebildet hat, kann Lachesis helfen (natürlich ist es in diesem Fall auch sinnvoll, die Pille abzusetzen).

Das Arzneimittelbild von Lachesis

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • das Zentralnervensystem und das vegetative Nervensystem, Herz, Atmungsorgane, Gefässe und Kapillaren, Blut, Schilddrüse, Eierstöcke, Haut.

Passt besonders zu:

  • geschwätzigen, munteren und fröhlichen Leuten und auch zu sehr eifersüchtigen und misstrauischen Menschen.

Hauptindikationen:

  • Hirnhautentzündung*, Sonnenstich*. Eifersucht
  • Schilddrüsenstörungen*
  • Gewebezersetzende Prozesse wie: Anginen*, Karbunkel, Geschwüre*, Wundliegen (Dekubitus), Bisswunden*, Bauchfellentzündungen*
  • Blutungsneigung
  • Venenentzündungen*, Neigung zu Thrombosen*. Wechseljahrbeschwerden
  • Ausbleibende Regelblutung nach Einnahme der Verhütungspille

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von streuenden Eiterherden, Blutvergiftung / Gebärmutter-Entfernung während der Wechseljahre / Sonnenbestrahlung.

Symptome:

Übertrieben grosse Angst vor Schlangen / Erwacht mit Erstickungsgefühl, will nicht mehr liegen. Arbeitswut vor der Menstruation. Geschwätzigkeit / Kopfschmerz links, im Klimakterium. Kopfweh nach zu langem Schlafen / Überempfindlich gegen Einengung und Berührung (z.B. enge Kleider, Ringe, Uhren, Krawatte stören),Erstickungsgefühl am Hals*. Halsschmerzen links beginnend, besonders stark beim Schlucken (bis zu den Ohren ausstrahlend). Husten bei Herzerkrankungen* / Herzklopfen mit Schwäche im Klimakterium. Herzklopfen beim Erwachen. Herzklemmen / Bläuliche Farbe der erkrankten Haut oder Schleimhaut. Haut schuppt sich ähnlich wie bei einer Schlange. Blasenbildung. Geschwüre (offene Beine, Wundliegen)* mitblaurotem Rand, stinkend, sehr empfindlich auf leichteBerührung / Schmerzen im Schienbein (nach Halsweh).

Allgemeines:

Beschwerden vorwiegend linksseitig (verlagern sich dann evtl. auf die rechte Seite) / Verlangen nach Austern, Alkohol, Weinbrand, Whisky, tief zu atmen / Periodische Wiederkehr von Beschwerden (meist alle 14 Tage).

Modalitäten:

Schlimmer nach Schlaf im Frühling und Herbst, beim Leerschlucken und beim Trinken von warmen Getränken (Schluckbeschwerden), durch Berührung, Kleiderdruck, Wärme jeder Art, Liegen auf der linken Seite, Alkohol, Handarbeit.

Besser durch frische Luft und Bewegung. Absonderungen bessern (Schweiss, Menses, Auswurf).

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, mit dem Arzt und als erste Hilfe