de fr it
Menu

Ledum wächst in feucht-kühlem Klima, am Rande von Moorgebieten. ‹Ledum-Menschen› sind frostige Menschen, dennoch verschlimmert Wärme ihre Beschwerden. Sie können sich auch schlecht für ihre Mitmenschen erwärmen, es sind schweigsame Einzelgänger, die Gesellschaft ablehnen.

  • Illustration Ledum
  • Sumpfporst, Ericaceae | © iStock

Steckbrief von Ledum palustre

Beschreibung: Der bis 1,5 m hohe, immergrüne Strauch ist stark duftend. Er besitzt lanzettliche, derbe Blätter mit zurückgerolltem Rand, die unterseits rotbraun-filzig sind. Die weisslichen Blüten befinden sich in endständigen, doldenartigen Blütenständen. Aus den 5-zähligen Blüten entstehen eiförmige, überhängende Kapseln, die 5-klappig aufspringen und viele Samen entlassen.

Blütezeit: Mai bis Juni

Verbreitung: Nord- und Osteuropa, Nord- und Mittelasien. In Mitteleuropa im nordöstlichen Deutschland sowie in Ober- und Niederösterreich. Früher war sie auch im Nordschwarzwald, im Bayrischen Wald und in der Steiermark anzutreffen, sie ist hier heute aber verschwunden.

Standort: Die kalkmeidende Pflanze wächst in feuchten Kiefernwäldern, in Hoch- und verheideten Übergangsmooren. Sie kann dort massenhaft auftreten. Ledum palustre ist ein typischer Vertreter der Ericaceae, der wie die Moorbeere Vaccinium uliginosum oder das Heidekraut Calluna vulgaris an Moorrändern ideale Lebensbedingungen findet. Hier ist das saure Bodenwasser etwas nährstoffreicher als im Hochmoor selbst, der feuchte und kühle Klimacharakter bleibt jedoch der gleiche.

Besonderheiten: In der Volksmedizin verschiedener Naturvölker wurde der Sumpfporst mit seinem aromatisch duftenden Rauch als Räuchermittel verwendet. Glimmende Blätter und Zweige sondern einen harzig-würzigen Duft ab. Der Volksname «Mottenkraut» weist anscheinend auf eine mottenvertreibende Wirkung der Pflanze hin. Der Inhaltsstoff Ledol hat oral eingenommen eine stark berauschende und narkotische Wirkung mit agressivem Charakter.

verwendeter Teil: getrocknetes, blühendes Kraut, auch junge Sprossen

wichtige Verwandte: Kalmia, Rhododendron chrysanthum

Wirkung und Anwendung von Ledum in der Homöopathie

Ledum gehört in jede Haus- und Reiseapotheke, denn es ist das wichtigste Heilmittel bei Stichwunden wie Insektenstiche oder -bisse (Mücken, Zecken, Spinnen), Bisswunden (Hunde, Katzen, Schlangen, Wassertiere), Wunden durch Injektionen, Piercings, Nägel und andere spitze Gegenstände.

Von den «alten Homöopathen» wissen wir, dass Ledum sogar Tetanus (Starrkrampf) verhindern kann. Das leuchtet ein, denn in tiefen, wenig blutenden Wunden können sich Tetanuserreger am ehesten vermehren. Tyler schreibt: «Wenn es nach einer Stichwunde zu  Tetanus kommt, denke man an Hypericum; gibt man jedoch sofort Ledum, wird es gar nicht erst so weit kommen.»

Nach einem Schlag auf das Auge («Veilchen») ist nicht Arnica, sondern Ledum das beste Heilmittel, ausser bei starken Schmerzen des Augapfels, in diesem Fall ist eher Symphytum angezeigt. Ledum kommt auch in Frage, wenn nach Blutergüssen noch blaue oder schwarze Flecken zurückbleiben.

Ein bläulich-rotes, aufgedunsenes Gesicht verrät möglicherweise, dass sein Träger öfter mal «blau» ist. Laut Kent kann Ledum den Folgen von Whiskykonsum entgegenwirken und das Verlangen danach verringern. Das «Säufergesicht» eines ‹Ledum-Menschen› ist kalt, ganz im Gegensatz zum ebenfalls blau-roten, aber heissen Gesicht eines ‹Lachesis-Patienten› mit Alkoholproblemen. «Rausch» ist ein Ledum-Thema, da diese Pflanze Ledol enthält, eine stark berauschende Substanz. Ledum steht im Repertorium (Symptomenverzeichnis) in der Rubrik «Verlangen zu rauchen» und kann bei entsprechender Konstitution auch als Entzugshilfe verwendet werden.

Die Neigung zum Alkoholmissbrauch, die nächtliche Verschlimmerung und die menschenfeindliche Gesinnung von ‹Ledum-Menschen› zeigen, dass Ledum nicht nur ein Verletzungsmittel, sondern ein tiefwirkendes Antisyphilitikum ist. In der Praxis sind konstitutionelle Ledum-Fälle selten, akute Ledum-Geschichten aber häufig, deshalb wollen wir uns jetzt mit den wichtigsten Leitsymptomen von Ledum befassen.

Von zentraler Bedeutung bei der Mittelwahl sind die unlogischen «komischen» Symptome. Steckt ein warmblütiger Patient bei einem Gichtanfall seine Füsse in einen Eimer mit Eiswürfeln, ist das noch keine Sensation. Wenn das gleiche Vorgehen aber von einem Menschen praktiziert wird, der dauernd entsetzlich friert, ist das für die Mittelwahl sehr bedeutungsvoll. Noch ein Paradoxon, welches für Ledum spricht, ist zu erwähnen: steife Gelenke werden durch Anwendung von Kälte beweglicher.

Interessant ist zudem, dass die Schmerzen an den Füssen beginnen und nach oben ziehen oder kreuzweise auftreten (z. B. linke Schulter und rechtes Hüftgelenk).

Bei einem akuten Gichtanfall kann das Gelenk geschwollen und heiss  sein, aber nicht gerötet. Die Schmerzen sind schlimmer nachts, im warmen Bett und beim Auftreten oder Gehen.

Der Mangel an Lebenswärme ist ein wichtiger Hinweis zur Differenzierung von Apis und Ledum. Beide Heilmittel sind bei Insektenstichen angezeigt, beide Betroffenen verspüren stechende, brennende Schmerzen und beide erfahren eine Besserung durch Kälte. Aber im Gegensatz zu ‹Apis› fühlt sich bei ‹Ledum› (mindestens am ersten Tag nach dem Stich) die betroffene Stelle kalt an. Die Kälte wird allerdings von den Patienten selbst oft nicht wahrgenommen, es ist unsere Sache, dies zu überprüfen.

Weitere Hinweise auf Ledum sind: Nachtschweiss mit der Neigung, sich aufzudecken. Neigung, sich immer wieder die Knöchel zu verstauchen. Jucken der Füsse und Knöchel, schlimmer durch Kratzen und Bettwärme.

Das Arzneimittelbild von Ledum palustre

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Gelenke, Muskeln, Bindegewebe, Haut.

Hauptindikationen:

Gelenk- und Muskelrheuma, Gicht, Hexenschuss, Insektenstiche, Stich- und Bisswunden.

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von Insektenstichen und Stichwunden (Eiterungen).

Symptome:

Schlaflosigkeit, wenn warm zugedeckt (trotz kalter Glieder) / Die Gelenkschmerzen ziehen vom Fuss nach oben / Hauptsächlich Schmerzen in den grossen Zehen und im Allgemeinen in den kleinen Gelenken (auch Gichtknoten). Knacken der Gelenke / Stich- und Schnittwunden in den Handund Fussflächen, eiternd (die Haut um die Wunde ist kalt) / Hautjucken, besonders auf dem Fussrücken.

Allgemeines:

Beschwerden kreuzweise auftretend (z. B. oben links, unten rechts).

Modalitäten:

Schlimmer durch Bier und Wein. Bettwärme und warme Umhüllung sind unerträglich.

Besser durch kalte Anwendungen (Baden, Wickel), obwohl der Patient fröstelt.