Acidum nitricum
Salpetersäure HNO3
Der Umgang mit Salpetersäure ist gefährlich. Sie frisst förmlich Löcher in die Haut und lässt Narben zurück. Die giftigen Dämpfe verätzen die Lungenbläschen. Eingenommene Säure gefährdet die Verdauungsorgane und erhöht das Krebsrisiko. Es ist kein Zufall, dass ‹Acidum-nitricum-Menschen› sehr grosse Angst vor Krebs haben, misstrauisch sind und sich ständig angegriffen fühlen. Beleidigungen ätzen sich tief in ihre Seele, und Vergessen oder Vergeben ist für sie unmöglich. Auch der Körper kann nicht vergessen: alte Narben und Wunden schmerzen bei Wetterwechsel.
‹Acidum-nitricum-Menschen› haben Probleme im Umgang mit anderen Menschen. Sie wirken mit ihrer unzufriedenen, reizbaren Art abstossend. Bezeichnenderweise erkranken oft Kontaktorgane wie die Haut oder Lunge. Besonders oft sind die Körperöffnungen betroffen, dort wo die Haut in Schleimhaut übergeht. Typisch sind sehr schmerzhafte Risse in der Nase, an den Mundwinkeln oder ganz besonders am After (diese können nach der Darmentleerung noch stundenlang wehtun).
Steckbrief von Acidum nitricum
Beschreibung: Salpetersäure ist eine farblose Flüssigkeit, die sich in jedem Verhältnis mit Wasser mischt. Dabei findet eine exotherme Reaktion statt, das heisst, Energie wird frei, und die Mischung erwärmt sich, deshalb ist beim Mischen Vorsicht geboten. Am Licht und beim Sieden zersetzt sich Salpetersäure zu Stickstoffdioxid (NO2), welches die Salpetersäure gelb färbt. Der Name leitet sich von Salpeter (lateinisch: sal petrae = Felsensalz) ab, einer alten Sammelbezeichnung für die Salze der Salpetersäure (heute Nitrate genannt).
Vorkommen: Aufgrund ihrer Reaktivität kommt Salpetersäure in der Natur nicht vor. Auch Salpetersalze finden sich wegen ihrer hohen Löslichkeit in Wasser nur in extremen Trockengebieten, z. B. in der Atacama-Wüste in Chile. Früher wurde dort Caliche (Gehalt an Natriumnitrat 98 %) abgebaut (Chilesalpeter), die hauptsächlich zur Düngemittelherstellung verwendet wurde.
Chemische Eigenschaften: Salpetersäure ist eine oxidierende Säure, die auch edle Metalle wie Kupfer, Silber und Quecksilber auflöst, nicht aber Gold und Platin. Diese werden jedoch mit dem so genannten Königswasser, einem Gemisch aus Salz- und Salpetersäure, aufgelöst. Deshalb wird Salpetersäure in verschiedenen Konzentrationen bei der Bestimmung von Goldlegierungen (z. B. bei der Schmuckherstellung) verwendet. Mit organischen Verbindungen (Alkohol, Terpentin, Holzkohle, Holzwolle) reagiert konzentrierte Salpetersäure zum Teil sehr heftig (Brandgefahr).
Bedeutung für Lebewesen: Die Säure wirkt stark ätzend auf Haut, Augen und Schleimhäute und verursacht schlecht heilende Wunden. Das Einatmen der Dämpfe und der üblicherweise darin gelösten, sehr toxischen nitrosen Gase führt zu Bronchialkatarrh, Lungenentzündung und Verätzung der Lungenbläschen. Eingenommene Säure verätzt die Verdauungsorgane, stört schon in starken Verdünnungen die Verdauungstätigkeit und schädigt – wie alle Säuren – die Zähne. Nitrate sind für Pflanzen eine aufnehmbare Stickstoffverbindung, und sie werden in Düngemitteln verwendet, um den Stickstoffgehalt von Böden anzureichern. Salpetersäure spielt bei der Sprengstoffherstellung eine Rolle. Nitrate werden im Körper zu Nitriten umgewandelt, die mit Aminosäuren zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren.
Wirkung und Anwendung von Acidum nitricum in der Homöopathie
‹Acidum-nitricum-Menschen› sind unfreundlich, ihr intensiver, kalter Blick hält andere fern. Man kann sich für sie nicht erwärmen, weil sie auf psychischer und physischer Ebene sehr frostig sind. Das Symptom «kalter Urin» steht symbolisch für diese Kälte, die auch tief im Inneren herrscht. Kritik vertragen sie überhaupt nicht, mit grosser Spitzfindigkeit beschuldigen sie aber andere und piesacken damit sich selbst. Sie sehen den Splitter im Auge der anderen, aber den Balken im eigenen Auge nicht. Kein Wunder, dass sie unter dem für Acidum nitricum so typischen Splitterschmerz (vgl. Hepar sulfuris, Argentum nitricum) leiden.
Es fehlt diesen Menschen an Lebensenergie, sie sind sehr schwach, können kaum eine Arbeit verrichten, werden schwermütig und gleichgültig. Schwäche und Schweisse sind zwei wichtige Anhaltspunkte für alle in der Homöopathie verwendeten Säuren. Auch der Schweiss von ‹Acidum-nitricum-Menschen› fliesst reichlich, besonders an Händen und Füssen, er ist ekelhaft übel riechend und ätzend (macht die Füsse wund). Der Urin kann ebenfalls fürchterlich stinken, wie Pferdeharn oder Ammoniak.
Nicht nur die Absonderungen stinken, der ‹Acidum-nitricum-Mensch› hat auch eine «Stinklaune». Besonders morgens sollte man auf der Hut sein, denn er ärgert sich bereits, wenn man ihn mit «Guten Morgen» begrüsst. Jeden Morgen beim Erwachen wird ihm bewusst, dass das hasserfüllte Leben eines «Sal Peters» schwierig ist.
Ein Stoff, der bei Gesunden eine Lungenentzündung hervorrufen kann, ist auch in der Lage, eine solche Entzündung zu heilen. Natürlich denkt man bei einer Lungenentzündung nicht als Erstes an dieses Heilmittel, aber bei entsprechenden Zeichen (besonders bei alten Menschen) kann Acidum nitricum die rettende Idee sein.
Warzen, Feigwarzen und brauner Ausfluss aus der Vagina sind typische Hinweise auf das sykotische Miasma, welches durch Acidum nitricum beschwichtigt werden kann (vgl. Thuja, Medorrhinum). Viele Symptome von Acidum nitricum decken sich mit dem Arzneimittelbild von Mercurius. Es erstaunt deshalb nicht, dass es auch ein wertvolles Antisyphiliticum ist und bei Folgen von Quecksilbervergiftungen und Tuberkulose hilft. Ähnlich wie ‹Mercurius-Menschen› reagieren auch ‹Acidum-nitricum-Menschen› sehr empfindlich auf äussere Einflüsse. Geräusche wie Verkehrslärm machen sie verrückt. Die geringste Berührung bereitet heftigste Schmerzen. Interessant ist die Modalität «Besserung durch Fahren». Die meisten Beschwerden bessern sich beim Autofahren, Reiten oder Schaukeln.
Wirkt bevorzugt auf
Schleimhäute, Übergänge von Haut zu Schleimhäuten, Drüsen, Knochen, Magen, Enddarm, Nieren.
Passt besonders zu
unzufriedenen Menschen, die sich bei der geringsten Veranlassung ärgern. Neigung zu Wutausbrüchen mit heftigem Fluchen. Personen mit rasch bräunender Haut.
Hauptindikationen
Zahnfleisch- und Mundschleimhautentzündungen. Magengeschwüre und Zwölffingerdarmgeschwüre. Hämorrhoiden. Ekzeme und Schrunden an den Körperöffnungen, grosse, rissige Warzen. Fieberblasen.
Besonders wichtig für die Mittelwahl
- Symptome: Nervenschwäche mit ärgerlicher Reizbarkeit / Kopfweh (wie ein Band um den Kopf), starker Haarausfall, Berührungsempfindlichkeit der Kopfhaut / Brauner Ausfluss aus der Vagina. Urin wird als kalt empfunden, riecht nach Salmiak / Rückenschmerzen nach Geschlechtsverkehr / Frostbeulen. Ekzeme, Entzündungen, Risse, Geschwüre und Blutungen an den Übergängen von Haut zu Schleimhaut (Mundwinkel, Zungenmitte, Nase, Harnröhre, After) / Übel riechender Fuss-Schweiss / Steifigkeit, Schmerzen, Knacken der Gelenke, Knochenschmerzen (besonders Schienbein).
- Allgemeines: Gefühl eines Splitters ist bei fast allen Beschwerden typisch / Abneigung gegen geistige Arbeit (Hausaufgaben). Abneigung gegen Eier / Verlangen nach Fett / Alle Ausscheidungen, Absonderungen stinken.
- Modalitäten: Schlimmer durch Kälte, Nässe und Wetterwechsel. Besser durch Fahren (passive Bewegung).