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Die Weinraute ist eine uralte Arzneipflanze, die im Mittelalter vor allem als Heilmittel gegen gefährliche Arzneien und Gifte eingesetzt wurde. Auch bei schädlichen Folgen von Alkoholkonsum setzte man Ruta ein. In südlichen Ländern mischte man dem selbst hergestellten  Branntwein frisches Rautenkraut bei, daher stammt die volkstümliche Bezeichnung Weinraute. «Grappa alla Ruta» ist in Italien und im Tessin nach wie vor eine beliebte Spezialität.

  • Illustration Ruta
  • Wein-Raute, Garten-Raute | © iStock

Steckbrief von Ruta graveolens

Beschreibung: Die Wein-Raute ist eine kräftige, 30 bis 90 cm hohe verzweigte Staude, unten holzig und oben blaugrün, kahl und aromatisch duftend. Die Blätter sind 2- bis 3-fach fiederschnittig mit spatelförmigen Zipfeln und besitzen Öldrüsen, die als durchscheinende Punkte erkennbar sind. Die grünlich-gelben Kronblätter sind 6 bis 10 mm lang und löffelartig. Die Früchte sind vier- oder fünffächerige Kapseln.

Blütezeit: Juni bis August

Verbreitung: Die Wein-Raute ist ursprünglich eine südosteuropäische Pflanze und stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und der Balkanhalbinsel. Im übrigen Europa wurde sie seit Jahrhunderten kultiviert und ist insbesondere in den Südalpen, in Südfrankreich und in Spanien heute völlig eingebürgert. In Nordamerika und in Südwestasien wurde sie als traditionelle Heilpflanze eingeschleppt und ist ebenfalls eingebürgert. In der Schweiz ist sie im Genferseegebiet, im Wallis und Südtessin, am Jurasüdfuss und in der Region Basel verwildert und teilweise eingebürgert.

Standort: Die Pflanze liebt trockene, steinige und kalkhaltige Böden an warmen Lagen. Sie ist deshalb im Mittelmeergebiet an warmen Felshängen, auf Felsschutt und in Felsensteppen zu finden. Nördlich der Alpen wächst sie in Weinbergen, an Burghügeln, auf altem Gemäuer und in Kiesgruben.

Besonderheiten: Die giftige Pflanze verursacht äusserlich Hautentzündungen und Reizungen mit einer phototoxischen Komponente. Eingenommen kommt es zu Speichelfluss und starken Reizungen des Verdauungstraktes. In hohen Dosen ist das Kraut ein  Abtreibungsmittel, das Begleiterscheinungen wie Erbrechen, Delirium sowie Tremor (Bewegungsstörungen, Zuckungen) hervorruft und tödliche Folgen haben kann.

verwendeter Teil: frische, zu Beginn der Blütezeit gesammelte oberirdische Pflanzenteile

wichtige Verwandte: Angustura, Jaborandi, Ptelea

Wirkung und Anwendung von Ruta in der Homöopathie

Schon im Mittelalter empfahl Hildegard von Bingen Ruta bei Sehschwäche und bei Osteoporose in den Wechseljahren. Die begnadete Mystikerin und Kirchenlehrerin erkannte die zwei wichtigsten Haupteinsatzgebiete von Ruta: die besondere Beziehung zu den Augen und die ausgeprägte Wirkung auf Knochen, Knochenhaut, Sehnen und Bänder.

Die homöopathische Urtinktur wird aus dem frischen Kraut zu Beginn der Blüte hergestellt. Ruta wurde von Hahnemann, dem Begründer der Homöopathie, persönlich geprüft. Mit seiner Arzneimittelprüfung bestätigte er das Einsatzgebiet von Ruta und ermöglichte die gezielte Anwendung dieser Wunderpflanze in der Homöopathie.

In der Pflanzenheilkunde wird Ruta oft als Augenbad eingesetzt. Einfacher und tiefer wirkend sind homöopathische Zubereitungen zur oralen Verabreichung (Globuli, Tropfen) oder homöopathische Augentropfen mit Ruta. Die Weinraute ist in der Homöopathie das Hauptmittel bei überanstrengten Augen. Computerarbeit, lesen, schreiben, nähen, lange Autofahrten (besonders nachts und bei schlechtem Wetter) können buchstäblich ins Auge gehen. Überanstrengte Augen reagieren mit Trockenheit, Sandgefühl, Rötung, Hitze, Tränenfluss und Schmerzen. Auch Sehstörungen wie Trübsichtigkeit, Akkommodationsprobleme (das Scharfstellen beim  Wechsel vom Fern- in den Nahbereich fällt schwer) oder verschwommenes Sehen können auftreten und die Augen zusätzlich belasten.

Ruta ist nicht nur Balsam für überanstrengte Augen. Überbeanspruchte, gereizte und entzündete Sehnen, Sehnenscheiden, Bänder oder Schleimbeutel erholen sich ebenfalls viel rascher, als erwartet, und werden zudem belastbarer. Die Handgelenke und Fussknöchel sind besonders oft betroffen. Wenn sich Beugesehnen verkürzen und verhärten, zum Beispiel bei Schwerarbeitern, die durch die ständige Umklammerung eines Werkzeuges ihre Finger nicht mehr strecken können, ist Ruta meistens eine gute Wahl.

Bei Quetschungen, Prellungen, Verrenkungen, Verstauchungen, Knorpelverletzungen, Knochen und Knochenhautverletzungen sowie bei verletzten Sehnen und Bändern steht Ruta bei der Mittelwahl oft an erster Stelle. Schmerzen «wie wund», ein Gefühl von Zerschlagenheit und Schwere sind typische Hinweise auf Ruta. Ähnlich wie bei ‹Arnica› schmerzen alle Körperteile, auf denen der Patient liegt, selbst im weichen Bett.

Die Schmerzen bessern durch Bewegung und Lagewechsel. Kälte, Nässe und Ruhe verschlimmern die Beschwerden. Rhus toxicodendron ist ebenfalls ein oft gebrauchtes Heilmittel bei Schmerzen am Bewegungsapparat, die sich durch Kälte und Nässe  verschlimmern. Im Unterschied zu Ruta besteht aber weniger das Gefühl der Zerschlagenheit, sondern mehr eine Steifigkeit.

Als weitere Folge einer Überanstrengung ist der Rektumprolaps bei Frauen nach der Entbindung zu erwähnen. Auch in diesem Fall ist das «Überanstrengungsmittel» Ruta oft eine wertvolle Hilfe, besonders wenn der Prolaps beim Bücken auftritt.

‹Ruta-Patienten› sind oft unzufriedene, weinerliche und misstrauische Menschen. Sie sind unruhig, neigen zum Streiten und Widersprechen und erzählen allen von ihren Beschwerden.

Das Arzneimittelbild von Ruta graveolens

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Muskeln, Knochen, Knochenhaut, Knorpel, Gelenke, Sehnen, Augen.

Hauptindikationen:

  • Sehschwäche durch Unfall
  • Verletzungsfolgen nach Quetschungen, Prellungen, Verrenkungen
  • Knochenhautquetschung
  • Karpaltunnelsyndrom

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von Unfällen (fühlt sich verprügelt und leidet seither unter Sehschwäche) / Fleischgenuss (Aufstossen, Juckreiz).

Symptome:

Kopfschmerzen und Augenschwäche nach Überanstrengung der Augen / Hitze in den Augen nach Überanstrengung der Augen / Komplizierte Knochenbrüche*. Schwellung (Beulen) der Knochenhaut nach Stossverletzung / Zerschlagenheitsgefühl wie nach einem Fall oder Schlag. Gefühl, als sei das Bett zu hart. Lahmheit und Schwäche der Beine. Sehnenschmerzen (bes. in den Oberschenkeln, beim Strecken, Achillessehnenschmerz).

Allgemeines:

Fleischunverträglichkeit (Aufstossen, Juckreiz).

Modalitäten:

Schlimmer durch Nässe, Kälte und durch Ruhe, rohe Speisen, Fleisch.

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, mit dem Arzt und als erste Hilfe.