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Voegeli nannte ‹Graphites-Menschen› «tanzende Elefanten», deshalb ziert unser Bild die Zeichnung eines Dickhäuters. Das Bild hilft uns, die wichtigsten Informationen zu diesem Heilmittel in unserem Gedächtnis zu verankern. ‹Graphites-Menschen› sind einfache, oft etwas ungehobelte Schwerarbeiter (wie die Elefanten). Das Gehirn des Elefanten ist nicht sein leistungsfähigstes Organ, er überlebt primär nicht durch Schlauheit, sondern durch seine dicke Haut, seine Grösse und Kraft. ‹Graphites-Menschen› tun sich mit intellektuellen Leistungen schwer, sie arbeiten lieber körperlich. Ihr Kopf ist dumpf, sie können sich schlecht konzentrieren, beim Lesen und Schreiben wird es ihnen schwindlig. Ferner haben sie ein schlechtes Kurzzeitgedächtnis. Den «Graphites-Typ» kann man sich als grobschrötigen Kohlenbergwerkarbeiter vorstellen (Graphites ist eine Modifikation des reinen Kohlenstoffes). Er hat eine Abneigung gegen die Oberschicht und gegen fremde Eindringlinge, die ihm die Arbeit streitig machen könnten. Am Stammtisch bei Hähnchen und Bier macht er sich durch deftige, rassistische Sprüche oder primitive Anmache bemerkbar. Natürlich gibt es auch ein weibliches Pendant  dazu: ständig  frierende,  korpulente Frauen mit übergrossen Brüsten, deformierten Nägeln und verspäteter Menstruation. Der Merksatz von Voegeli «Graphites ist fett, frostig und verstopft» gilt für beide Geschlechter. Nash betont: «Wenn die eigentümliche Neigung zu Fettleibigkeit und die charakteristischen klebrigen Ausschläge vorhanden sind, heilt Graphites Beschwerden verschiedenster Art.»

  • Illustration Graphites
  • Graphit, Reissblei, Kohlenstoff | © iStock

Steckbrief von Graphites

Beschreibung: Graphit ist eine Modifikation des reinen Kohlenstoffes, eine weitere bekannte ist der Diamant. Graphit kommt als dunkelgraues, metallisch glänzendes Kristallaggregat vor, das eine hexagonale oder rhomboedrische Anordnung besitzt. Er ist im Vergleich zu Diamant, dem härtesten Gestein überhaupt, sehr weich und hinterlässt auf Papier einen schwarzen Strich (Bleistiftminen). Graphit fühlt sich zart und fettig an und ist undurchsichtig. Er leitet Wärme und den elektrischen Strom, deshalb spricht man auch von der metallischen Modifikation des Kohlenstoffes.

Vorkommen: In der Natur kommt Graphit sehr selten in reiner Form vor. In Gesteinen ist er in Pegmatiten und Metamorphiten zu finden. Europäische Fundorte sind im Bayerischen Wald, in der Steiermark, in Finnland und in der Ukraine (ca. 25 %iger Graphit). In Sri Lanka sind Gesteinsadern bekannt, die 60 bis 100 % Graphit enthalten. In der Natur sind jedoch andere Kohlenstoffminerale wie Stein- und Braunkohle, Calciumcarbonat (CaCO3 in Kalkstein, Kreide, Marmor), Magnesiumcarbonat (Magnesit), Calcium- Magnesiumcarbonat (Dolomit) häufiger.

Chemische Eigenschaften: Unter normalem Druck besitzt Graphit keinen Schmelzpunkt. Er wird über 2'500 °C plastisch verformbar und sublimiert bei 3'750 °C. Er verbrennt im Gegensatz zur Kohle nur sehr langsam und ist schwierig zu entzünden. Von den riesigen Kohlevorkommen wurden im Laufe der Zeit unter hohem Druck der tiefen Erdschichten und bei hohen Temperaturen einige in Graphit oder Diamant umgewandelt. Graphit ist relativ reaktionsträge und lässt sich nur in flüssigem Eisen lösen. Im Gusseisen scheidet er sich zum Teil aus und bewirkt die graue Farbe des Graugusses. Wegen seiner Reaktionsträgheit und elektrischen Leitfähigkeit wird Graphit auch für Elektroden bei der Elektrolyse eingesetzt.

Bedeutung für Lebewesen: Graphit hat keine Bedeutung für Organismen. Hingegen ist Kohlenstoff als chemisches Element in allen organischen Verbindungen enthalten. Der Kohlenstoff ist für das Leben von ausserordentlicher Bedeutung. Die wichtigste Eigenschaft ist die Möglichkeit, lange und chemisch stabile Molekülketten zu bilden. Dies ist unter anderem bei der Bildung von Kohlenhydraten (Zucker, Stärke, Cellulose), Lipiden (Fette) und Eiweissen wichtig.

wichtige Verwandte: Adamas, Carbo animalis, Carbo vegetabilis

Wirkung und Anwendung von Graphites in der Homöopathie

Oft lenken die Hautsymptome unsere Gedanken in Richtung Graphites. In vielen Fällen konnten wir Graphites erfolgreich aufgrund hartnäckiger Mundwinkelrisse oder wegen des rissigen Hautausschlages mit honigähnlicher, klebriger Absonderung hinter den Ohren verordnen. Risse können auch in den Augenwinkeln, beim Ohrläppchen, in der Nase, an den Brustwarzen, Fingerspitzen oder am Anus auftreten. Nomen est omen! Graphit kommt aus dem Griechischen und heisst (ein)ritzen, schreiben.

An den Augen beobachten wir ferner feuchte, schuppige Hautausschläge an den Lidern und Lidrändern, chronische Bindehautentzündungen und Gerstenkörner. Typisch ist auch Lichtempfindlichkeit.

‹Graphites-Menschen› haben eine schlechte Haut. Bereits im ersten Lebensjahr kann sich das durch die Bildung von dicken, die Haare verklebenden Krusten auf dem Kopf manifestieren (Milchschorf). Hautausschläge in den Gelenkbeugen sind typisch, dort und in den Hautfalten tritt übel riechender Schweiss aus, und es entsteht Wundheit (Wolf). Auch Fussschweiss fliesst übermässig und stinkt. Wunden heilen langsam unter Bildung von harten Narben. Graphites hilft bei verhärteten und wuchernden Narben (Keloid) oder bei Folgen von Vernarbungen. Wenn sich durch Abszesse knotige Narben in der Brust gebildet haben und dadurch der Milchfluss behindert ist, kann Graphites neue Abszesse verhindern und die Knoten zum Verschwinden bringen. Chronische Neigung zu Fieberblasen, Gürtelrose oder Wundrose (Gesicht, links) sind ebenfalls ein Thema für ‹Graphites-Menschen›.

Graphites ist ein «dickes» Heilmittel: dicke Menschen mit dicker Haut, dicke Drüsen, dicke Narben und Schwielen, gewaltig verdickte, brüchige Finger- und Zehennägel.

Der Elefant ist ein feinfühliger Dickhäuter. ‹Graphites-Menschen› haben unter ihrer rauen Schale ebenfalls einen weichen Kern. So können sie beispielsweise beim Anhören bestimmter Musikstücke oder bei Orgelmusik in Tränen ausbrechen. Generell sind sie «nahe am Wasser gebaut», weinen und aussprechen der Sorgen bessert ihren Gemütszustand. Es mangelt ihnen an Selbstvertrauen, morgens beim Erwachen haben sie Angst, denn sie erwarten dauernd Schwierigkeiten. Sie sind unentschlossen, voller Zweifel und regen sich über Kleinigkeiten heftig auf.

‹Graphites-Menschen› werden durch eine ängstliche innere Unruhe zum «Tanzen» getrieben. Das heisst, trotz ihrer Fülle sind sie dauernd in Bewegung und möchten sie möglichst graziös ausführen (wie ein tanzender Elefant).

Ein Elefant braucht viel Futter. Auch ‹Graphites-Menschen› sind gefrässig, die Nahrungsaufnahme ist für sie von grosser Wichtigkeit. Essen verbessert ihr ganzes Befinden, tröstet Seele und Körper.

Die berühmte Homöopathin Margaret Tyler (1857 – 1943) hat einen Symptomenkomplex für eine schnelle und sichere Verschreibung bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren gefunden: Magenschmerzen bessern durch Essen oder Trinken, heisse Speisen oder Getränke und durch Liegen.

Die typische «Graphites-Verstopfung» zeigt sich wie folgt: Die Stühle sind voluminös, hart, knollig, mit schleimigen Fäden bedeckt und stinken unerträglich. Nebst den bereits erwähnten Afterrissen bilden sich auch grosse Hämorrhoiden.

Abschliessend drei besondere Graphites-Symptome: Gefühl von Spinnweben im Gesicht. Graphites ist das Hauptmittel in dieser relativ kleinen Rubrik. Schwerhörigkeit, die durch Fahren im Wagen oder in geräuschvoller Umgebung besser wird. Gesicht errötet kurz vor körperlichen Beschwerden. Wenn die Röte aus dem Gesicht verschwindet, setzen die Magen- oder Kopfschmerzen ein. Graphites-Beschwerden treten vor allem auf der linken Körperseite auf.

Das Arzneimittelbild von Graphites

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Schilddrüse, Haut, Haare, Nägel, äusseres Auge, Mastdarm.

Passt besonders zu:

  • dicken, essgierigen, gedunsenen und blassen Kindern mit Ekzemneigung. Auch für Erwachsene gilt: „fett, frostig und verstopft." Plumpe, aber innerlich unruhige, gereizte Menschen, die sich graziös bewegen („tanzender Elefant").

Hauptindikationen:

  • Gerstenkörner, Ekzeme, Haarausfall, Hautrisse, Nagelwachstumsstörungen, Psoriasis, Verstopfung, Hämorrhoiden, verhärtete Narben
  • Fettleibigkeit
  • Neigung zu Wundrose (Erisypel)* im Gesicht

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Symptome:

Traurige, ängstliche Stimmung voll Sorge ohne Initiative. Musik macht sentimental, löst Tränen aus / Borkige, dicke Kopfschuppen, die Haare verklebend, Haarausfall. Brennen am Scheitel. Augenlider rot, geschwollen, rissig. Feuchter, rissiger Hautausschlag hinter den Ohren. Risse an Ohrläppchen, Mundwinkel, After. Rötung mit Schüppchen an Haaransatz, auf Augendeckeln, seitlich der Nase, in Augenbrauen, Schnurrbart / Häufiges Gähnen / Gieriger Appetit. Schweregefühl im Magen mit Blähungen und ranzigem Aufstossen / Regel verspätet, schwach, kurz. Ausfluss weiss, dünn, scharf / Harter, knolliger Stuhl mit Schleim bedeckt. Hämorrhoiden, Jucken und Wundheitsgefühl, Risse am After /Hautausschläge mit honigähnlicher, klebriger Absonderung. Übelriechende Schweisse in den Hautfalten und Gelenkbeugen / Wundheit an der Innenseite der Oberschenkel. Übelriechender Fussschweiss / Finger- und Zehennägel gewaltig verdickt und brüchig.

Allgemeines:

Risse an den Haut-/Schleimhautübergängen / Neigung zu Fettleibigkeit und innerer Unruhe / Abneigung gegen Salz, Süssigkeiten und Fisch.

Modalitäten:

Schlimmer durch Kälte, während der Periode.

Besser durch warmes Essen oder Trinken. Dunkelheit.

* = Selbstbehandlung nur in Absprache mit der Ärztin, mit dem Arzt und als erste Hilfe.