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Calcium carbonicum Hahnemanni
Austernschalenkalk CaCo3

Calcium carbonicum Hahnemanni wird aus dem Kalk der Austernschale gewonnen und ist somit kein chemisch reines Calciumcarbonat. Die Herkunft dieses Heilmittels lässt einige Assoziationen zu, welche uns das Wesen der Calcium carbonicum bedürftigen Menschen näherbringen. Die Austernschale ist dick, hart, undurchdringlich und schwierig zu öffnen. Sie bietet der unbeweglichen, leicht verletzbaren Austernschnecke Schutz und Geborgenheit. ‹Calcium-carbonicum-Menschen› sind eher verschlossen und haben ebenfalls ein grosses Schutzbedürfnis, ziehen sich gerne ins «Schneckenhaus» zurück. Manchmal verrät sich ein ‹Calcium-carbonicum-Mensch› schon durch seinen schlaffen, kraftlosen Händedruck (als ob keine Knochen in der Hand wären). Ausserdem ist die Hand feucht und kalt wie die Austernschnecke.

  • Illustration Calcium carbonicum
  • Kalk der Austernschale | © Bernd Dittrich via Unsplash

Steckbrief von Calcium carbonicum Hahnemanni

Beschreibung: Die Muschel besitzt eine 8 bis 10 cm lange Schale mit unregelmässigem, rundlichem Umriss. Die linke Schalenklappe ist mit blättrigen Lamellen versehen, tief gewölbt und sehr dick. Mit dieser Seite ist sie am Untergrund festgekittet, während die rechte Seite einen flachen Deckel bildet und dünner bleibt. Der Fuss ist infolge der sesshaften Lebensweise zurückgebildet. Gelegentlich kommt es bei Austern zur Perlenbildung, die durch einen Fremdkörper initiiert wird.

Verbreitung und Lebensraum: Die Auster kommt an allen Meeresküsten Europas vor. Die Wassertemperaturen müssen allerdings im Juni und Juli mindestens 15 °C erreichen, was ungefähr bis zum 68. Breitengrad der Fall ist. Gutes Wachstum, das auch kommerziell in Austernzuchten ausgenutzt wird, erreicht man allerdings erst bei Sommertemperaturen von 18 bis 22 °C. Austern gedeihen gut auf festen Sand- und Steinböden, die auch bei Ebbe noch ständig mit Wasser bedeckt sind.

Lebensweise: Die Kiemen haben sich bei der Auster zu leistungsfähigen Filterapparaten entwickelt, durch die mittels Wimpernbewegung ein ständiger Wasserstrom von ca. einem Liter pro Stunde zirkuliert. Dadurch werden abgestorbene Tier- und Pflanzenteile, Plankton und Kleinlarven ausgefiltert und zur Verdauung dem Magen zugeführt. Für die Fortpflanzung entwickeln sich die befruchteten Eier zu Planktonlarven, die ausschwärmen und beim Festsetzen aus ihrem Fuss eine Kittsubstanz auspressen. Sie heften sich so auf günstigem  Untergrund an, und bei optimalen Umweltbedingungen entstehen so genannte Austernbänke.

Austernschale: Nachdem sich die Jungmuscheln festgesetzt haben, beginnt die Schalenbildung, indem einzelne, gut sichtbare Kalkschichten angelegt werden. Die neue Schicht ist immer etwas grösser als die vorige, so dass Wachstumszonen entstehen. Durch die lebenslange Schalenbildung kann die Schalenform den Lebensverhältnissen angepasst werden und ist dementsprechend sehr variabel. Während ungünstiger Umweltbedingungen kann das Wachstum auch ausgesetzt werden. Bei der Kalkgewinnung werden die Kalkschalen ausgekocht, gereinigt und von den äusseren, dunklen Schichten befreit gemahlen.

verwendeter Teil: weisse, mittlere Schicht der Austernschale

wichtige Verwandte: Calcium fluoratum, Calcium phosphoricum

Wirkung und Anwendung von Calcium carbonicum Hahnemanni in der Homöopathie

Austern «sitzen» auf Austernbänken und lassen sich die Nahrung in den «Mund» fliessen. Gemütlich rumsitzen und immer wieder etwas essen, das passt ausgezeichnet zu ‹Calcium-carbonicum-Menschen›. Sie brauchen einiges an Reserve und «isolieren» sich gerne mit einem Fettpolster. Einerseits sind sie sehr empfindlich auf Kälte, und andererseits haben sie Angst, sie könnten verhungern (verarmen), hätten zu wenig Energie, um den Lebensunterhalt bis ins Alter zu erarbeiten. Sie müssen ihre Kräfte sorgfältig einteilen und darauf achten, sich weder geistig noch körperlich zu verausgaben. Sie bevorzugen (wie die Austern) warmes Wetter, weil das Aufrechterhalten der Körpertemperatur ebenfalls «Anstrengung» kostet. Die geistige und körperliche Entwicklung verläuft im Schneckentempo, die Zahnung ist langsam und mit Beschwerden verbunden, das Laufen- und Sprechenlernen verzögert. ‹Calcium-carbonicum-Menschen› denken und handeln langsam und haben es somit in der heutigen «megaschnellen» Zeit schwer. Ihre Fähigkeit, sich mit ausserordentlicher Geduld und grossem Durchhaltewillen von einem Projekt zum nächsten durchzuarbeiten, trug ihnen früher manchmal die Bezeichnung «Perle» ein. In der etwas groben, nicht besonders schönen Austernschale verstecken sich bekanntlich wertvolle, wunderschöne Perlen.

‹Calcium-carbonicum-Kinder› brauchen viel Zeit, um Veränderungen zu begreifen und zu verarbeiten. Aller Anfang ist schwer! So treten beispielsweise am Anfang des Lebens, bei Beginn eines neuen Tages, bei Vollmond, bei Schuleintritt oder in der Pubertät vermehrt Probleme auf. ‹Calcium carbonicum› lieben es, Kind zu sein, und brauchen schützende Menschen um sich, sie haben grosse Mühe das «Schneckenhaus» zu verlassen. Ziehen sie im Erwachsenenalter von zu Hause weg, dann meistens um zu heiraten oder in eine andere Gemeinschaft einzutreten. Sie interessieren sich von frühster Kindheit an für spirituelle Themen. So ist es möglich, dass sie sich in ein geschlossenes Kloster zurückziehen (auch eine Art Muschel). ‹Calcium-carbonicum-Kinder› stellen unaufhörlich Fragen über Gott, Himmel und Hölle, Tod und Geister und nehmen diese Geschichten mit ins Bett, haben Angst, die Augen zu schliessen, oder erwachen schreiend aus schrecklichen Träumen (vgl. Stramonium). Es droht ihnen Gefahr von Tieren (Träume von Ratten), Menschen (Träume von Mord) oder der Natur (Träume von Feuer). Pflanzen wirken offenbar nicht bedrohlich auf sie. Zumindest ist auffällig, wie ‹Calcium-carbonicum-Kinder› von Zimmerpflanzen magisch angezogen werden und an ihnen zupfen möchten.

Calcium carbonicum ist eines der wichtigsten Antipsorika (vgl. Sulfur). Psorischen Menschen mangelt es an Selbstvertrauen, Lebenswärme, Kraft und Saft. Das heisst auch, die Absonderungen fliessen spärlich, was zu trockener, juckender Haut, trockenen Schleimhäuten und Verstopfung führt. ‹Calcium-carbonicum-Kinder› können eine Woche ohne Stuhlgang sein und sich dabei bestens fühlen (Stuhlgang bedeutet, etwas wegzugeben, und ist zudem anstrengend!). Typisch psorisch sind auch die zahlreichen Ängste (vor Insekten, Dunkelheit, Armut, Geisteskrankheit, Gespenstern, Ungeheuern).

Der berühmte Homöopath Adolf Voegeli betrachtete die Psora als eine Assimilationsstörung, bei welcher verschiedenste Mineralsalze mangelhaft oder nicht im richtigen Verhältnis aufgenommen würden. Das heisst natürlich nicht, dass die Psora einfach durch die Zufuhr von Mineralsalzen beschwichtigt werden kann. Im Gegenteil, der Organismus gerät noch in grössere Not, wenn beispielsweise bei einem diagnostizierten Calciummangel grosse Mengen Calcium zugeführt werden. Er weiss nicht, was er damit anfangen soll, und lagert den Kalk an Orten ab, wo er nicht hingehört. Ein korrekt ausgewähltes homöopathisches Heilmittel hingegen ist in der Lage, die Assimilationsstörung zu beheben, und kann so dem Organismus helfen, alle notwendigen Elemente aus der Nahrung aufzunehmen.

Schweiss ist der einzige Saft, der im Übermass abgesondert wird, allerdings nur in bestimmten Situationen und an bestimmten Körperstellen. Charakteristisch ist Kopfschweiss beim Trinken oder kurz nach dem Einschlafen und Fussschweiss (trotz kalter Füsse). Manchmal erklären ‹Calciumcarbonicum-Patienten›, sie hätten das Gefühl, stets in nassen Socken zu stecken.

Calcium carbonicum wird als «saures» Mittel bezeichnet, weil der Schweiss, der Stuhl und die Atemluft sauer riechen. Zudem wird Magensäure im Überfluss gebildet. Oder man bezeichnet es als «weisses» Mittel wegen der kreideweissen Gesichtsfarbe, den weissen Flecken auf den Fingernägeln, dem weissen Stuhl (!), den weissen Niederschlägen im Urin und dem Weissfluss aus der Scheide. Zudem vertragen ‹Calcium-carbonicum-Menschen› Milch schlecht, haben eine ausgesprochene Vorliebe für Eier und Zucker (Brennstoff) oder sogar ein Bedürfnis nach Kalk und Kreide.

Macht ein ‹Calcium-carbonicum-Mensch› eine akute Krankheit durch, ist Belladonna oft das ideale Akutmittel (Komplementärmittel). Umgekehrt sollte man an Calcium carbonicum als Konstitutionsmittel denken, wenn immer wieder Belladonna-Zustände auftreten. Das Arzneimittelbild von Komplementärmitteln ist dem des Hauptmittels oft stark entgegengesetzt. Beide Mittel haben aber immer Gemeinsamkeiten und bilden so ein vollständiges Ganzes. Am besten kann man sich das mit dem bekannten Tai-Chi-Symbol vorstellen, welches auch bei uns im Westen zum Markenzeichen für Ganzheit geworden ist. Die typischen Belladonna-Symptome (Heftigkeit, Unruhe, Plötzlichkeit) sind das Gegenteil zur Schwäche und Langsamkeit von Calcium carbonicum. Den gemeinsamen Nenner finden wir beispielsweise in der Krampfneigung und in der vermehrten Schweissabsonderung.

Das Arzneimittelbild von Calcium carbonicum Hahnemanni

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, Knochen, Zähne, Haut, Schleimhäute, Lymph- und Geschlechtsdrüsen, Magen-Darmkanal, Muskeln.

Passt besonders zu:

  • phlegmatischen «braven» Menschen (besonders zu Kindern) mit sehr wenig Eigeninitiative und grossem Kopf, groben Zügen, dickem Bauch.

Hauptindikationen:

Rachitis, Neigung zu Verkrampfungen, chronische Lymphdrüsenschwellungen, Bronchialasthma. Späte, erschwerte Zahnung. Spätes Sprechen- und Laufenlernen. Milchunverträglichkeit. Erkältungsneigung. Nierensteine. Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Vaginalfisteln. Milchschorf.

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von Kalkmangel.

Symptome:

Auffallend passiv, uninteressiert, deshalb geistig im Rückstand (besonders Kinder). Kinder haben Angst im dunklen Zimmer / Heimweh. Schlaflos bei Vollmond. Kopfschmerz nach körperlicher Anstrengung. Schwindel bei geschlossenen Augen. Erschöpfung. Herzunruhe,  Herzklopfen, Atemnot nach geringster Anstrengung (besonders in den Bergen) / Starke, saure Schweisse an einzelnen Körperstellen (speziell im Nacken, am behaarten Kopf, Beginn kurz nach dem Einschlafen) / Schwellung des lymphatischen Apparates, grosse Mandeln. Tubenkatarrh. Oft Schnupfen, Augen- und Ohrenentzündungen / Milchschorf. Neigung zu Nesselausschlägen / Zittern im Magen. Saures Aufstossen, saures Erbrechen, saure Stühle. Stuhl trocken, hart und gross. Eher verstopft, fühlt sichaber wohl dabei /  Fingernägelkauen. Kalte, nasse Füsse / Regelblutung zu lang, zu stark. Ausbleibende Periodenblutung bei Mädchen. Milchiger Ausfluss bei kleinen Mädchen. Schwäche nach Geschlechtsverkehr. Feuchte Absonderung mit Fischgeruch im Anal- und Genitalbereich.

Allgemeines:

Schläfrigkeit nach dem Essen / Schwitzen bei geringer Anstrengung (nur scheinbar robust!) / Verträgt Milch schlecht (auch Muttermilch) / Verlangen nach Eiscreme, Zucker, Eiern und Unverdaulichem (z. B. Kalk).

Modalitäten:

Schlimmer morgens, in der Dunkelheit, durch Kälte, Nässe, körperliche (Treppensteigen!) und geistige Anstrengung, Milchkonsum, bei Vollmond.