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Die Früchte des Stechapfels sehen durch die Bestachelung dem Morgenstern, einem mittelalterlichen Mordinstrument, ähnlich. In einer Zeit von Mord, Totschlag, Amokläufern und Terrorismus gewinnen Heilmittel wie Stramonium an Bedeutung. Das Erleben oder die Darstellung von Gewalt, Krieg und Folter kann bei ‹Stramonium-Menschen› (besonders Kindern) zu schweren  seelischen und neurologischen Störungen führen. Darum darf es den Eltern nicht gleichgültig sein, welche «Seelennahrung» ihre Kinder via Fernsehen, Smartphone oder Zeitungen und Zeitschriften konsumieren. Erzieher können zwar die Konfrontation mit der Gewalt nicht verhindern, aber zumindest einschränken. Die folgende Beschreibung ist den vielen verletzten Kinderseelen  gewidmet. Selbstverständlich ist Stramonium genauso ein Heilmittel für Erwachsene.

  • Illustration Stramonium
  • Gemeiner Stechapfel, Teufelsapfel | © Adobe Stock

Steckbrief von Stramonium

Beschreibung: Die Pflanze wird 30 bis 100 cm hoch. Ihr Stängel ist meist gabelästig verzweigt und kahl. Die bis zu 20 cm langen Blätter sind im Umriss eiförmig und weisen einen buchtigen und grob gezähnten, in Spitzen auslaufenden Blattrand auf. Die Blüten stehen einzeln in den Blattachseln und bilden weisse, selten hellpurpurne  Trichter. Die Früchte sind 5 bis 7 cm grosse, vierklappig aufspringende Kapseln, die durch ihre Bestachelung einem Morgenstern gleichen.

Blütezeit: Juni bis Oktober

Verbreitung: Diese Datura-Art stammt vermutlich ursprünglich aus Mittelamerika und ist heute weltweit in gemässigten sowie subtropischen Gebieten verbreitet. In der Schweiz ist sie zerstreut und eher unregelmässig in tieferen Lagen anzutreffen.

Standort: Die Pflanze liebt stickstoffreiche, lockere, sandige oder tonige Böden. Bei uns ist sie somit auf Brachäckern, Ackergräben, Erdschutt, Kompost, steinigen Vorplätzen und Hausecken, Kieshalden bei Bahn- und Hafenanlagen sowie in gedüngten Gartenrabatten zu finden.

Besonderheiten: Datura besitzt einen unangenehmen, etwas widerlichen Geruch, der an den Moschusduft erinnert. Sie ist sehr stark giftig mit Symptomen wie Mundtrockenheit, weite Pupillen und Sehstörungen, beschleunigter Herzschlag, Ruhelosigkeit und Halluzinationen. In 4 bis 5 g Blättern ist eine tödliche Dosis an Stechapfel-Alkaloiden enthalten, die durch Atemlähmung zum Tode führt. Der Stechapfel, der seit dem 16. Jahrhundert in Europa heimisch ist, war ein klassisches Hexenkraut und somit oft Bestandteil von Hexensalben und Zaubermitteln.

verwendeter Teil: frische, oberirdische Teile blühender Pflanzen

wichtige Verwandte: Atropa bella-donna, Capsicum, Hyoscyamus, Mandragora, Solanum dulcamara, Nicotiana tabacum

Wirkung und Anwendung von Stramonium in der Homöopathie

Bei entsprechender Veranlagung kann schon sehr früh ein «Stramonium-Leben» voller Angst und Panik beginnen, beispielsweise durch einen Schreck der Mutter während der Schwangerschaft oder durch die Erlebnisse des Kindes während der Geburt (Durchgang durch den engen Geburtskanal, plötzliche Konfrontation mit Licht, abtrennen von der Mutter). Die Ängste können auch später durch für uns oft unbedeutende, aber für das ‹Stramonium-Kind› schreckliche Erfahrungen ausgelöst werden. Nachfolgend werden ein paar Beispiele von Situationen aufgeführt, die einen «Stramonium-Leidensweg» hervorrufen können: der Anblick einer Fasnachtsmaske, eines schwarzen Mannes (Schmutzli), eines (schwarzen) Hundes (die Farbe Schwarz alleine macht schon Angst), das Anhören eines furchteinflössenden Märchens, eine Fahrt durch einen dunklen Tunnel oder mit der Geisterbahn, Anschnallen und Lichterlöschen im Flugzeug, in einem Schrank oder finstern Keller Eingesperrtsein und das Ansehen der bereits erwähnten Gewaltdarstellungen. Ferner kann ein «Stramonium-Zustand» nach Impfungen, Narkosen, Hirnverletzungen, unterdrückten Hautausschlägen oder unterdrückten Absonderungen auftreten.

Nach einem solchen Ereignis schleichen Angst und Misstrauen in die betroffenen Kinder. Sie fürchten sich, angegriffen und verletzt zu werden, deshalb sind sie in ständiger Alarmbereitschaft. Dadurch werden sie empfänglicher für Infektionen und nervöse Störungen wie Ruhelosigkeit, Stottern, Krampfbereitschaft, Tics, Zuckungen oder Epilepsie. Sie haben eine geringe Frustrationstoleranz, rasten rasch aus, wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen abläuft, zerstören Dinge und werden gewalttätig. Sie fühlen sich sofort bedroht und schlagen «sicherheitshalber» zu, beissen, kratzen und spucken. Mit der Zeit macht es ihnen Spass, gewalttätig zu sein, sie  geniessen es, dass sie dadurch mehr beachtet werden. Es versteht sich von selbst, dass solche Kinder in der Schule Schwierigkeiten haben und immer einsamer werden. Die Isolation kann sie schliesslich in eine tiefe Depression führen, in welcher Stramonium schwierig zu erkennen ist. Die Gewalt wird nicht mehr vollzogen, ist aber meistens noch ein Thema im Leben dieser Menschen. Paul Herscu beschreibt in seinem Stramonium-Buch einige Fälle von autistischen Kindern, denen er mit Stramonium helfen konnte.

‹Stramoniums› Wahnideen, z. B. «verlassen zu sein» oder «lebendig begraben zu sein», deuten an, wie es in diesen Kindern aussieht. Die Nacht ist für ‹Stramonium-Kinder› eine besonders schwierige und bedrohliche Zeit. Sie fürchten sich bereits beim Zubettgehen vor dem Alleinsein, der Dunkelheit und den sich darin versteckenden Ungeheuern. Jedes ungewohnte Geräusch, jeder Schatten kann sie in Angst und Panik versetzen. Schlafen bei Licht oder bei den Eltern im Bett hilft ihnen, die Nacht zu überstehen. ‹Stramonium-Kinder› nehmen die Tagesängste mit in den Schlaf und leiden unter schrecklichen Albträumen: sie sehen Ungeheuer, Teufel, Gespenster, werden bedroht, gejagt und von wilden Tieren gebissen oder sonst wie verletzt. Nächtliche Panikanfälle sind ein dramatischer Hinweis auf  Stramonium. Das Kind ist entsetzt, versucht offenbar einer bedrohlichen Situation zu entfliehen, schreit um Hilfe, schlägt mit weit aufgerissenen oder geschlossenen Augen wild um sich, oder es klammert sich an einen Menschen oder an ein Kissen. Das Kind ist in einem Zustand zwischen Schlaf und Wachsein, verwirrt und nicht  ansprechbar (am anderen Morgen kann es sich an nichts erinnern). Die Eltern sind ohnmächtig, können keinen Kontakt mit ihrem Kind aufnehmen, ihm nicht helfen. Bei solchen Panikattacken gehen sie genauso durch die Hölle wie ihr Kind. Gegengewalt (schreien, schütteln) ist unbedingt zu vermeiden, da sich dadurch die Angst und Panik des Kindes verstärken. Wie man bei Panikattacken am besten reagiert, können Sie im Buch «Stramonium» von Paul Herscu nachlesen.

Nicht alle ‹Stramonium-Kinder› haben Panikattacken, aber bei allen ist der Schlaf nicht völlig normal. Meistens schlafen sie sehr unruhig, knirschen mit den Zähnen, zucken, reden, wandeln oder kriechen im Schlaf im Zimmer herum. Oft schwitzen sie im Schlaf (besonders am Kopf). Stramonium ist ein «extremes Mittel». ‹Stramonium-Kinder› können extrem lieb sein oder extrem gewalttätig, einige reagieren extrem empfindlich auf Schmerz, andere scheinen völlig unempfindlich dagegen zu sein. Sie können beispielsweise bei einem Wutanfall extreme Kraft entwickeln, Dinge mit der Faust zerschlagen, ohne Schmerzen zu spüren. ‹Stramonium-Menschen› haben grosse Angst vor Dunkelheit, können aber ebenso bei plötzlichem, grellem Licht in Panik geraten.

‹Stramonium-Kinder› fürchten sich vor Wasser und haben oft eine Abneigung, Wasser zu trinken. Bereits der Anblick einer grossen Wasseroberfläche oder das Hören von fliessendem Wasser macht Angst. Sie fürchten sich, ihren Kopf unter Wasser zu tauchen (symbolisch für die Angst vor dem Unbewussten). Beim Duschen haben sie Angst, es könnte Wasser in die Augen kommen. Wenn sie nachts im Schlaf ins Bett urinieren und die Nässe spüren, kann dies der Auslöser für einen Panikanfall sein. Immer wieder sehen wir im Arzneimittelbild von Stramonium, wie kleine Ursachen heftigste Reaktionen auslösen können.

Die Angst vor Wasser und glänzenden Gegenständen kennen wir von der Tollwuterkrankung. Stramonium wurde von den alten Homöopathen tatsächlich zur Behandlung der Tollwut verwendet (auch vorbeugend).

Wenn man glaubt, einen ‹Stramonium-Patienten› vor sich zu haben, sollte man stets auch an die beiden ähnlichen Nachtschattengewächse Belladonna und Hyoscyamus denken.

Durch eine korrekte Stramonium-Verordnung verlieren Kinder ihre Ängste, werden sanfter, ruhiger, liebevoller und können sich besser konzentrieren.

Das Arzneimittelbild von Stramonium

Alle Arzneimittelbilder

Wirkt bevorzugt auf:

  • Zentralnervensystem, vegetatives Nervensystem, Bronchien, Lunge.

Passt besonders zu:

  • jähzornigen, schwatzhaften, gesellschaftsliebenden, schlaflosen Kindern mit Angst vor Dunkelheit. Zu im höchsten Grad erregten, verwirrten, tobenden, gewalttätigen, ängstlichen Menschen.

Hauptindikationen:

Schlafstörungen, Krämpfe, Fieber, manische (krankhaft heitere, erregte, besessene, tobsüchtige) Zustände, Halluzinationen. Schluckkrämpfe.

Besonders wichtig für die Mittelwahl

Folgen von unterdrückten Ausschlägen (Scharlach!) / Schreck (Krämpfe).

Symptome:

Gleichgültig bezüglich ihrer Beschwerden (klagen nicht). Schwatzt, lacht (albern), singt, schreit oder betet unaufhörlich. Redet sich selbst zu, wenn alleine. Halten lange, feierliche, ernste Reden. Verwirrt, bewegt sich ständig von Stelle zu Stelle. Schamlosigkeit, sexuelle Übererregbarkeit, übermässige Onanie. Besessenheit (Teufel, Traumgestalten) / Auffahren aus dem Schlaf mit Schreien. Angst vor der Dunkelheit, schläft nicht ohne Licht ein. Furcht in einem Tunnel, vor fliessendem Wasser, vor Hunden, vor Körperverletzung / Kopfrollen. Auf- und Abklopfen mit dem Kopf. Unwillkürliche, rhythmische oder graziöse, krampfartige Bewegungen / Hervorstehende Augen mit starrem, offenem Blick. Sieht Gegenstände schief oder stark vergrössert /  Zähneknirschen. Verlangen zubeissen.